Tierschutzwidriges Unterhaltungsspektakel: Mehrere Vereine in Nordrhein-Westfalen führten in der jüngeren Vergangenheit im Rahmen von Festveranstaltungen noch das „Hahneköppen“ durch – darunter auch einige in Solingen. Bei dem blutigen Ritual versuchen Menschen mit verbundenen Augen, einem zuvor getöteten Hahn mit einem Schwert den Kopf abzuschlagen. PETA stellte mehrere Strafanzeigen und wandte sich an das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium. Dieses informierte daraufhin im März 2024 alle Veterinärämter des Landes, Tötungen von Tieren zu solchen Zwecken zu untersagen. Gegen die entsprechende Allgemeinverfügung der Stadt Solingen, klagen nun zwei Solinger Vereine (Az.: 23 K 6911/24). Am kommenden Dienstag, 24. Juni, wird das Verwaltungsgericht Düsseldorf ab 10 Uhr darüber entscheiden, ob weiterhin echte tote Hähne für das blutige Ritual verwendet werden dürfen. Die Tierrechtsorganisation wird mit einer Beobachterin der Verhandlung vor Ort vertreten sein.
„In der heutigen Zeit ist es völlig unangemessen, ein getötetes Tier für eine Spaßveranstaltung bis zur Unkenntlichkeit vor Publikum, darunter Kindern, zu zerfleddern. Wir hoffen, dass das Verwaltungsgericht diesem traurigen Spektakel nun ein für alle Mal ein Ende setzt“, so Peter Höffken, Fachreferent bei PETA. „Die meisten Veranstalter sind schon auf Attrappen umgestiegen, wie beispielsweise in Lindlar erst vor wenigen Tagen. Das Argument der Solinger Vereine, Alternativen seien nicht umsetzbar, halten wir daher für vorgeschoben. Ebenso wenig haltbar ist nach unserer Auffassung das Argument, es würde nur ein alter oder kranker Hahn getötet, weil jegliche Tötung für das ‚Hahneköppen’ nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Auch eine anschließende Verwertung als Tiernahrung dürfte angesichts des teils stundenlang malträtierten Tierkörpers und der fehlenden Kühlung auszuschließen sein.“
Das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen informierte 2024 alle Veterinärämter des Landes, dass „das Töten von Tieren zum Zwecke der Nutzung der Kadaver im Rahmen von Brauchtumsveranstaltungen (z. B. ‚Hähneköppen‘, ‚Gänsereiten‘) nicht von einem vernünftigen Grund nach § 1 Tierschutzgesetz abgedeckt ist“ und geplante Tötungen von Tieren für solche Zwecke zu untersagen sind. Zudem sollte auf die alternative Nutzung von Attrappen zur Brauchtumsausübung hingewiesen werden.
Nach PETA-Anzeige: Nutzung von Attrappe statt echtem Tier auf der Haaner Kirmes
Auf der Kirmes in Haan bei Solingen wurde im September 2022 erstmals kein echtes Tier für das „Hahneköppen“ benutzt, sondern eine Attrappe. Vorausgegangen war eine Veröffentlichung von PETA über das blutige Ritual auf der Haaner Kirmes im Jahr 2019, bevor jenes coronabedingt mehrmals ausfiel. Die Tierrechtsorganisation hatte bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal Strafanzeige erstattet und das Kreisveterinäramt Mettmann aufgefordert, die Nutzung echter Tiere künftig zu untersagen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Veterinäramt teilten daraufhin mit, dass die Tötung eines Hahns für das „Hahneköppen“ in Hinblick auf den gesellschaftlichen Wandel nicht mehr als legitim betrachtet werden kann.
Der Hintergrund der grausamen „Tradition“
Das „Hahneköppen“ wird vor allem in Westdeutschland auf Kirmesveranstaltungen und Volksfesten abgehalten. Der Ursprung dieses Brauchs ist nicht eindeutig geklärt. Im Vordergrund stehen heutzutage die Bespaßung von Teilnehmenden und Publikum sowie wirtschaftliche Interessen. Viele Veranstalterteams nutzen bereits Hühnerattrappen. PETA mahnt jedoch, dass selbst mit einer Attrappe suggeriert wird, Gewalt an anderen Lebewesen sei in Ordnung. Deshalb appelliert die Organisation an die verantwortlichen Personen solcher Veranstaltungen, auf Attraktionen ohne Gewalt an Tieren zu setzen.
Ansprechpartnerin vor Ort: Lisa Redegeld (Den telefonischen Kontakt stellen wir auf Anfrage gerne her.)
PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden. Der Mensch wird hierbei allen anderen Spezies gegenüber als überlegen angesehen. Daneben wird auch zwischen verschiedenen Tierarten unterschieden: So empfinden viele Menschen Hunde und Katzen als Familienmitglieder und lehnen es ab, sie zu halten, auszubeuten und zu töten, wie Schweine, Rinder oder Hühner. Trotzdem betrifft Speziesismus auch sogenannte Haustiere: Sie werden zur menschlichen Unterhaltung benutzt, oftmals unter tierschutzwidrigen Bedingungen (qual-) gezüchtet und wie Ware verkauft. Auch für Tierversuche werden sie missbraucht.