Karlsruhe / Stuttgart, 7. Januar 2022 – Leidvolle Gefangenschaft: Am vergangenem Samstag wurde der Eisbär Blizzard im Karlsruher Zoo von Bediensteten leblos im Innengehege gefunden. Der gesundheitliche Zustand des Eisbären war bereits seit einigen Tagen kritisch. Blizzard wurde nur 15 Jahre alt. Nach dem Tod ihres Gefährten bleibt Eisbärin Charlotte nun allein im Karlsruher Zoo zurück. PETA appelliert heute in einem Schreiben an Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt, die Eisbärenhaltung im Zoo aufzugeben. Die Tierrechtsorganisation führt an, dass die größten Landraubtiere in Gefangenschaft regelmäßig Verhaltensstörungen entwickeln, weil die Ansprüche an ihren Lebensraum in Gefangenschaft niemals erfüllt werden können.
„Wir hoffen, dass sich der Karlsruher Zoo nach Blizzards Tod entschließt, die Eisbärenhaltung zeitnah gänzlich zu beenden. Dies wäre ein großartiger Schritt mit Signalwirkung für alle anderen Zoos, in denen Eisbären verhaltensgestört im Kreis laufen“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsbranche. „Mit Artenschutz hat die Haltung ohnehin nichts zu tun, da im Zoo geborene Eisbären nicht ausgewildert werden können. Die Tiere als reine Besucherattraktion zu halten, muss ein Ende haben.“
Zahl der Eisbären in Gefangenschaft rückläufig
In Deutschland hat sich die Zahl der Eisbärenhaltungen von 13 Zoos im Jahr 2008 auf 10 Zoos im Jahr 2022 verringert, nachdem Ende Dezember 2021 mit Katjuscha die letzte Eisbärin im Berliner Zoo gestorben ist. Neben der Stuttgarter Wilhelma, die nach dem Tod von Eisbärin Corinna im Juli 2018 die Eisbärenhaltung aufgab, hat auch der Wuppertaler Zoo die Haltung 2021 beendet.
Die zoologischen Einrichtungen in Berlin (Tierpark), Bremerhaven, Gelsenkirchen, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, München, Neumünster, Nürnberg und Rostock halten bisher jedoch weiterhin an der tierschutzwidrigen Zurschaustellung von Eisbären fest.
Experten bestätigen: Eisbärhaltung in Gefangenschaft nicht artgerecht möglich
Prof. Dr. Hanno Würbel von der Universität Bern, Verhaltensbiologe Dr. Karsten Brensing sowie dem ehemaligen Zoodirektor Prof. Dr. Manfred Niekisch zufolge können Eisbären in Gefangenschaft nicht artgerecht gehalten werden: Die Unterschiede zwischen ihrem natürlichen Lebensraum und denen im Zoo sind laut den namhaften Wissenschaftlern zu groß. [1, 2]
In freier Natur wandern Eisbären jedes Jahr Hunderte bis Tausende Kilometer. Können sie sich nicht artgemäß bewegen, entwickeln sie auffällige Verhaltensstereotypien, erkennbar an sich ständig wiederholenden Bewegungsabläufen. Nachzuchten in Gefangenschaft gehen außerdem mit einer hohen Jungtiersterblichkeit einher. [3] Auch die häufigen Transfers zu Zuchtzwecken zwischen den Zoos sind ein Stressfaktor für die Tiere. [4] Laut PETAs Eisbär-Studie von 2008/2010 und verschiedenen wissenschaftlichen Studien zeigt die große Mehrheit aller Eisbären in Zoos entsprechende Verhaltensstörungen. Die Tierrechtsorganisation hat mehrfach Videomaterial veröffentlicht, das schwere Zwangsstörungen bei den Tieren belegt.
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.
[1] Frankfurter Rundschau (2008): Punkten ohne Eisbär-Rummel. Online abrufbar unter: https://www.fr.de/rhein-main/punkten-ohne-eisbaer-rummel-11594411.html. (22.11.2021).
[2] Klages, R. (2018): Eisbären gehören nicht in Zoos. In: Der Tagesspiegel. Online abrufbar unter: https://www.tagesspiegel.de/wissen/tierschutz-eisbaeren-gehoeren-nicht-in-zoos/20917616.html. (22.11.2021).
[3] Clubb, R. & Mason, G. (2003). Animal Welfare: Captivity effects on wide-ranging carnivores. Nature. 425. 473-4. 10.1038/425473a.
[4] Stephan, U. (2006): Dissertation: Untersuchungen an Eisbären in europäischen zoologischen Gärten: Verhalten und Veränderungen von Stresshormon-Konzentrationen unter Berücksichtigung der Gehegegröße und Gruppenzusammensetzung,https://d-nb.info/1003448658/34 .
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PETA.de/Themen/Eisbaeren-Petition
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