Strafverfahren gegen Zoo Magdeburg eingestellt: PETA reicht Beschwerde ein und fordert Ende der Inhaftierung von Menschenaffen

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Magdeburg / Stuttgart, 31. Juli 2023 – Menschenaffen leiden weiter: Im Februar hat die Staatsanwaltschaft Magdeburg das Ermittlungsverfahren gegen den Zoo Magdeburg eingestellt. PETA hatte im August 2021 gegen die Zooverantwortlichen Strafanzeige (AZ. 191 UJs 34708/21) erstattet, da die Schimpansen Medienberichten zufolge dort „seit fast zwei Jahren im Haus eingesperrt“ [1] waren – die Haltungsvorgaben sehen jedoch den Zugang zu einem Außengehege vor. [2] Zudem berichten Medien, dass sich Schimpansen offenbar beim sogenannten „Over-Grooming“ die Haare ausreißen. Diese Verhaltensstörung deutet auf erhebliches, anhaltendes Leid hin. Die Staatsanwaltschaft begründet ihre Entscheidung damit, dass den Menschenaffen seit einem Ausbruch in 2019 lediglich das „größere“ von zwei Außengehegen nicht zur Verfügung gestanden habe. PETA hat gegen die Einstellung des Strafverfahrens nun bei der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Beschwerde eingelegt. Die Tierrechtsorganisation fordert die Zooverantwortlichen zudem dazu auf, die Zurschaustellung der hochintelligenten, sensiblen Tiere schnellstmöglich zu beenden.

„Die Verhaltensstörung sollte ein klares Warnsignal sein, dass die in Magdeburg eingesperrten Schimpansen leiden“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsbranche. „Wir hoffen, dass die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg die Staatsanwaltschaft Magdeburg nun dazu anweist, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Keine ‚erheblichen Leiden‘ festzustellen, während sich die Tiere aus Frustration die Haare ausreißen, wäre geradezu zynisch. Die Zooverantwortlichen sollten den Schimpansen schnellstmöglich ein zumindest etwas erträglicheres Dasein in Gefangenschaft ermöglichen und weiteres Leid durch einen Zuchtstopp verhindern.“

Dass das Außengehege des erst 2014 eröffneten Schimpansenhauses nicht ausbruchssicher und damit nicht nutzbar ist, führen die Zoo-Verantwortlichen auf „tiergärtnerische Mängel“ zurück. Diese will der Zoo Magdeburg durch einen weiteren Neubau beheben, der die Stadt erneut knapp zwei Millionen Euro kosten wird. [1] Die ursprünglich bis 2023 geplante Fertigstellung der Außenanlage verzögert sich jedoch bereits bis voraussichtlich Sommer 2024.

Artgerechte Haltung von Menschenaffen in Gefangenschaft unmöglich
Die Bedürfnisse von Menschenaffen sind sehr komplex. Schimpansen sind die nächsten Verwandten des Menschen und für sie ist es psychisch extrem belastend, zu einem „Leben“ in Gefangenschaft gezwungen zu sein. In Zoos entwickeln sie oft deutliche Verhaltensstörungen – auch in akkreditierten und vergleichsweise großen Einrichtungen, wie wissenschaftliche Studien belegen. [3-4] Diese äußern sich etwa durch Selbstverstümmelung, zwanghaftes Hin- und Herschaukeln des Oberkörpers sowie den Verzehr der eigenen Exkremente. Zum Teil verabreichen Zoos den Tieren Psychopharmaka, damit sie die Gefangenschaft überhaupt ertragen und ihr Leid Außenstehenden weniger auffällt.

Bei Schimpansen ist die Körperpflege („Grooming“) ein natürliches Verhalten, das für die Verfestigung sozialer Beziehungen innerhalb der Gruppe wichtig ist. „Over-Grooming“ dagegen bezieht sich auf exzessives Pflegeverhalten und gilt in der wissenschaftlichen Literatur bei Primaten als abnormales Verhalten, [5] das mit einem schlechten Wohlbefinden, Anspannung und Angst in Verbindung gebracht wird. [6]

Laut einer von PETA in Auftrag gegebenen INSA-Meinungsumfrage befürworten 41 Prozent der Befragten ein Ende der Zucht und Haltung von Menschenaffen in deutschen Zoos. Im Rahmen der Kampagne „Menschenaffen raus aus Zoos“ fordert PETA, das Gefangenendasein der Tiere zu beenden.

PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

[1] Tessnow, K. (19.07.2021) Magdeburger Oberbürgermeister hat Mitleid mit Schimpansen im Zoo. Volksstimme. Online abrufbar unter: https://www.volksstimme.de/lokal/magdeburg/magdeburger-oberburgermeister-hat-mitleid-mit-schimpansen-im-zoo-3206940. (26.07.2023)
[2] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. Online abrufbar unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Tierschutz/HaltungSaeugetiere.html. (26.07.2023)
[3] Birkett, L.P./Newton-Fisher, N.E. (2011): How Abnormal Is the Behaviour of Captive, Zoo-Living Chimpanzees? PLoS ONE 6(6): e20101. doi:10.1371/journal.pone.0020101.
[4] Jacobson, S.L. et al. (2016): Characterizing abnormal behavior in a large population of zoo-housed chimpanzees: prevalence and potential influencing factors. PeerJ 4: e2225. Online abrufbar unter: https://doi.org/10.7717/peerj.2225. (26.07.2023)
[5] Kummrow M. Diagnostic and Therapeutic Guidelines to Abnormal Behavior in Captive Nonhuman Primates. Vet Clin North Am Exot Anim Pract. 2021 Jan;24(1):253-266. doi: 10.1016/j.cvex.2020.09.012. PMID: 33189254.
[6] nidirect. (o.D.) Welfare of primates: normal behaviour patterns. Online abrufbar unter: https://www.nidirect.gov.uk/articles/welfare-primates-normal-behaviour-patterns. (26.07.2023)

Weitere Informationen:
PETA.de/Neuigkeiten/Zoo-Magdeburg-Schimpansen
PETA.de/Themen/Menschenaffen-Verhaltensstörungen
PETA.de/Kampagnen/Menschenaffen

Pressekontakt:
Jonas Meyerhof, +49 711 860591-523, [email protected]

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