Kritik an „lebendiger Krippe“ auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt: PETA veröffentlicht Video mit verhaltensgestörtem Kamel und appelliert an Oberbürgermeister Marcus König, künftig keine Tiere mehr zuzulassen  

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Keine Nächstenliebe für Tiere: Auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt werden in diesem Jahr erneut zahlreiche Tiere wie Kamele, Lamas und ein Esel als „lebendige Krippe“ zur Schau gestellt. Für die sensiblen Tiere ist die Zurschaustellung inmitten von Besuchermengen jedoch alles andere als besinnlich. Von PETA veröffentlichte Videoaufnahmen vom vergangenen Samstag zeigen ein Kamel, das verhaltensgestört hin- und her wippt. Verhaltensstereotypien sind ein Anzeichen für großes seelisches Leid. Außerdem ist zu sehen, wie ein Lama ein Brötchen verzehrt. Brot gilt für Lamas jedoch als ungeeignetes Nahrungsmittel, das zu Koliken bis hin zum Tod führen kann. PETA hat den Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König und die Tourismus-Zentrale Nürnberg daher heute in einem persönlichen Anschreiben aufgefordert, künftig keine Tiere mehr zuzulassen. Das Veterinäramt wurde am Montag über die Missstände informiert.

„Dass Tiere als lebendige Kulisse ausgenutzt werden, ist nicht mit dem ‚Fest der Liebe’ vereinbar“, so Peter Höffken, Fachreferent bei PETA. „Gibt es in der Weihnachtszeit nicht schon genug Tierleid? Wir bitten die Verantwortlichen, den Tieren künftig Stress und mögliche Gefahren zu ersparen und sich stattdessen für einen tierfreundlichen Weihnachtsmarkt einzusetzen.“

Zurschaustellung auf dem Weihnachtsmarkt ist tierschutzwidrig
Laut Tierschutzgesetz müssen Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten und versorgt werden. Auf einem Weihnachtsmarkt mitten in der Stadt ist dies nicht möglich. Für die vermeintliche Attraktion werden die sensiblen Tiere aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen und von ihren Herden getrennt in ein Gehege gesperrt. Hier können sie sich nur eingeschränkt bewegen und haben keine Möglichkeit, einander aus dem Weg zu gehen. Der ungewohnte Trubel durch Besuchermassen und der damit verbundene Lärmpegel sowie die verschiedenen Lichter bedeuten enormen Stress für die Tiere. Aufgrund des empfindlichen Gehörsinns reichen provisorische Hütten nicht als Rückzugsort aus. Stehen die Tiere dauerhaft auf feuchtem oder schmutzigem Boden, kann dies zu Huf- und Klauenerkrankungen führen.

Zum anderen ist häufig zu beobachten, dass Besucher die Tiere – trotz Hinweisschilder – mit ungeeigneter Nahrung wie Lebkuchen oder Waffeln füttern – dies kann zu gesundheitlichen Problemen und schlimmstenfalls sogar zum Tod führen. Tote Lämmer, Tierdiebstähle und Übergriffe auf diversen Weihnachtsmärkten in Deutschland sind mehrfach dokumentiert. [1-3]

Tiere zu Unterhaltungsobjekten degradiert
Tiere auf Weihnachtsmärkten vermitteln unterschwellig ein falsches Bild. Vielen Menschen –insbesondere Kindern – wird suggeriert, dass Tiere da seien, um uns zu unterhalten. PETAs Ansicht nach sollten Kinder Tiere als Individuen mit eigenen Bedürfnissen kennenlernen, nicht als Unterhaltungsobjekte.

Dass eine stimmungsvolle vorweihnachtliche Atmosphäre auch ohne die Zurschaustellung von Tieren möglich ist, beweisen zahlreiche deutsche Städte, die auf ihren gut besuchten Weihnachtsmärkten beispielsweise lebensgroße Holzfiguren aufstellen. Ein gelungenes Krippenspiel mit ausschließlich menschlichen Darstellern könnte ebenfalls zahlreiche Besuchende anlocken. Bad Salzuflen ging mit gutem Beispiel voran und hat 2019 lebende Tiere vom „Weihnachtstraum“ verbannt. Begründet hat die tierfreundliche Stadt dies damit, dass der im Grundgesetz verankerten Tierschutz Vorrang vor dem Unterhaltungsfaktor hat. [4]

Die Tierrechtsorganisation empfiehlt Tierfreundinnen und Tierfreunden, die eine „lebende Krippe“ auf dem Weihnachtsmarkt entdecken, sich mit einer Beschwerde an die Stadtverwaltung, die Veranstalter und das Veterinäramt zu wenden.

PETAs Motto lautet:

Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Lippische Landes-Zeitung (2014): Lebendige Krippe auf dem Paderborner Weihnachtsmarkt aufgebrochen. Online abrufbar unter: http://www.lz.de/ueberregional/owl/20267891_Lebendige-Krippe-auf-dem-Paderborner-Weihnachtsmarkt-aufgebrochen.html?em_cnt=20267891. (22.11.2023)
[2] Angelika Hirschberg (2017): Totes Schaf auf Kaufbeurer Weihnachtsmarkt heizt die Diskussion um „lebendige Krippe“ an. Kreisbote.de. Online abrufbar unter: https://www.kreisbote.de/lokales/kaufbeuren/totes-schaf-kaufbeurer-weihnachtsmarkt-heizt-diskussion-lebendige-krippe-9442649.html#:~:text=Kaufbeuren%20%2D%20Ein%20totes%20Schaf%20und,seinem%20Gehege%20auf%20dem%20Kirchplatz. (22.11.2023)
[3] Merkur.de (2020): Diebstahl auf Weihnachtsmarkt schockiert – Baby-Schaf von Mutter getrennt. Online abrufbar unter: https://www.merkur.de/deutschland/regensburg-weihnachtsmarkt-lamm-tiere-diebstahl-bayern-laemmer-schaf-zr-13358619.html. (22.11.2023)
[4] Alexandra Schaller (2019): Aus für die „Lebende Krippe“ auf dem Salzufler Weihnachtstraum. Lippische Landes-Zeitung. Online abrufbar unter: https://www.lz.de/lippe/bad_salzuflen/22575511_Aus-fuer-die-Lebende-Krippe-auf-dem-Salzufler-Weihnachtstraum.html. (22.11.2023)

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