Bonobo-Kind Kasita in Stuttgarter Wilhelma gestorben: PETA fordert Ende der Gefangenschaft für Menschenaffen

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Wie die Stuttgarter Wilhelma gestern bekannt gab, ist vergangene Woche das Bonobo-Kind Kasita gestorben. Tierpfleger entdeckten das sechs Monate alte Tier leblos in den Armen seiner Mutter. Die Autopsie ergab einen unzureichenden Ernährungszustand. PETA kritisiert die Zuchtbemühungen des Stuttgarter Zoos scharf: Aufgrund der unnatürlichen und meist mangelhaften Haltungsbedingungen in Zoo-Gefangenschaft kommt es bei Menschenaffen immer wieder zu plötzlichen Todesfällen, Verhaltensstörungen und anderen Krankheiten; teils werden Babys auch von ihren Müttern verstoßen. Laut der Tierrechtsorganisation ist die Gefangenhaltung von Menschenaffen in Zoos mit der lebenslangen Inhaftierung eines Menschen vergleichbar. PETA fordert die Zooverantwortlichen auf, die Zurschaustellung der sensiblen Tiere schnellstmöglich zu beenden.

„Menschenaffen können nicht tiergerecht in Gefangenschaft gehalten werden. Auch das Argument des Artenschutzes zählt nicht: Es ist nahezu unmöglich, im Zoo geborene Menschenaffen erfolgreich auszuwildern“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsbranche. „Es ist an der Zeit, einzusehen, dass Tiere nicht mehr gefangen gehalten und ausgestellt werden dürfen wie früher Menschen auf Jahrmärkten oder sogenannten Völkerschauen.“

Tierkinder als Besuchermagneten missbraucht

Mit Artenschutz haben die ständigen Zuchtbemühungen der Zoos PETAs Ansicht nach wenig zu tun:

Das „Europäische Erhaltungszuchtprogramm“ (EEP) wurde ins Leben gerufen, um die Zucht von Menschenaffen für die Zurschaustellung in Gefangenschaft zu koordinieren, nachdem das Washingtoner Artenschutzübereinkommen den Import der Tiere aus dem Freiland untersagt hatte.

Da die Zoohaltung nichts mit der natürlichen Umgebung frei lebender Menschenaffenfamilien zu tun hat, verstoßen Menschenaffen-Mütter in Gefangenschaft immer wieder ihre Babys. Deutsche Zoos können außerdem keine Auswilderungen bei Menschenaffen vorweisen – in Gefangenschaft haben die Tiere nahezu keine Möglichkeit, Verhaltensweisen, die für ein Überleben in der Natur unverzichtbar sind, zu erlernen.

27 junge Menschenaffen seit 2010 in deutschen Zoos gestorben

In deutschen Zoos sind seit Anfang 2010 mindestens 27 junge Menschenaffen gestorben. Die Todesursachen sind bei den meisten Tieren Infektionen. Darunter sind allein in der Stuttgarter Wilhelma vier junge Menschenaffen, die alle einer Lungenentzündung erlagen: 2014 und Anfang 2015 überlebten zwei junge Bonobos Infektionskrankheiten nicht, deren Auslöser auf Mängel in der Lüftungsanlage zurückzuführen gewesen sein soll. Der jüngste Todesfall ereignete sich im März 2024 im Berliner Zoo.

Tiere aufgrund des immensen Leids mit Psychopharmaka ruhiggestellt

Die Bedürfnisse von Menschenaffen sind so komplex, dass ihnen kein Zoo einen artgerechten Lebensraum bieten kann. Studien zufolge leiden die Tiere in Zoos häufig unter schweren Verhaltensstörungen. [1] Ihr psychisches Leid äußert sich durch Selbstverstümmelung, extreme Zurückgezogenheit, permanentes Hin- und Herschaukeln des Oberkörpers bis hin zum Verzehr der eigenen Exkremente. Zum Teil verabreichen Zoos den Tieren sogar Psychopharmaka, damit sie die lebenslange Gefangenschaft überhaupt ertragen und die Folgen der Gefangenschaft für die Besucher nicht zu offensichtlich sind.

INSA-Umfrage: Mehrheit der Befragten befürwortet Ende der Menschenaffenhaltung

Laut einer von PETA in Auftrag gegebenen INSA-Meinungsumfrage vom April 2020 befürwortet mit 41 Prozent die relative Mehrheit der Befragten ein Ende der Zucht und Haltung von Menschenaffen in deutschen Zoos. Mit einer Petition auf ihrer Kampagnenwebsite appelliert die Tierrechtsorganisation an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die Gefangenhaltung und Zurschaustellung der sensiblen Tiere schnellstmöglich auslaufen zu lassen.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Birkett, Lucy/P., Newton-Fisher/Nicholas E. (2011): How Abnormal Is the Behaviour of Captive, Zoo-Living Chimpanzees? PLoS ONE 6(6): e20101. doi:10.1371/journal.pone.0020101.

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