Wenn die geliebte Samtpfote „durchdreht“: Verhaltensauffälligkeiten und -störungen sind bei Katzen weitverbreitet. Denn die Vierbeiner sind äußerst sensibel und reagieren schnell auf Veränderungen in ihrem Umfeld – oftmals zum Leidwesen von Mensch und Tier. Doch wie genau äußern sich Verhaltensstörungen bei Katzen, und wann sollte auch eine Tierarztpraxis oder gar ein Tierpsychologe mit einbezogen werden? PETA-Expertin und Tierpsychologin Jana Hoger klärt auf.
„Katzen reagieren oftmals sehr sensibel auf kleinste Veränderungen in ihrem Umfeld. Umso wichtiger ist es, den Tieren wirksam zu helfen und allen Änderungen im Verhalten auf den Grund zu gehen“, so Jana Hoger, Fachreferentin für Tierische Mitbewohner bei PETA. „Zuerst müssen hierbei körperliche Ursachen für Verhaltensstörungen ausgeschlossen werden. Der erste Schritt sollte also immer die Untersuchung bei einem Tierarzt sein. Sind alle Krankheitsbilder abgeklärt, kann ein Tierpsychologe oder eine ausgebildete Fachtierärztin für Verhaltensmedizin helfen, das Leben von Katze und Mensch wieder ins Gleichgewicht zu bringen.“
Wann spricht man von Verhaltensstörung?
Von Verhaltensstörungen kann immer dann gesprochen werden, wenn Verhaltensweisen von einem Normverhalten abweichen oder keinen offensichtlichen Zweck erfüllen. Beispiele hierfür sind plötzliche Aggression, Anspannung, übermäßiges Putzen, Unsauberkeit, Selbstverletzungen, Umherwandern, Ausreißen von Haaren, Dauermiauen. Solche Verhaltensstörungen können nicht nur das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier schwer beeinträchtigen, sondern auch die Katze selbst – in ihrer Selbsterhaltung, ihrem Pflegeverhalten, ihrer Entwicklung oder ihrer Fortpflanzung. Hier muss dringend nachgeforscht werden, ob das Verhalten von einer Krankheit hervorgerufen wurde. Häufige Auslöser können Schilddrüsenüberfunktionen, Flohdermatitis oder Epilepsie sein – gerade bei Katzen im fortgeschrittenen Alter. Auch eine Blasenentzündung oder Blasensteine sollten beispielsweise bei Unsauberkeit dringend abgeklärt werden. Bei den nicht krankheitsbedingten Auslösern sind folgende zu nennen:
- Mangelnde Ruhe: Die Katze hat keine ausreichenden Möglichkeiten, sich zurückzuziehen, oftmals auch durch Veränderungen in der Familie.
- Andauernde Langeweile: Das Tier wird zu viel alleingelassen und ist zu wenigen Außenreizen ausgesetzt.
- Stress: häufig ausgelöst von einem neuen Partner im Leben der menschlichen Bezugsperson, einem Umzug, anderen Tieren im Haushalt oder einem neuen Baby
- Traumatische Erfahrungen können zu Verhaltensstörungen führen.
Welche Verhaltensstörungen treten am häufigsten auf?
Stereotypien
Hierbei handelt es sich um repetitive, sinnlos erscheinende Verhaltensweisen des Tieres. Bei Katzen äußern sich Stereotypien oft darin, dass das Tier versucht, ein Bedürfnis zu erfüllen, dies aber nicht ausführen kann. Beispiele können ständiges Putzen, Benagen der Pfoten und Krallen, Jagen des eigenen Schwanzes, andauerndes Miauen, Ausreißen von Haaren oder fortlaufendes Umherwandern im Raum sein. Zeigt die Katze eine oder gar mehrere solcher Verhaltensauffälligkeiten, sollte unbedingt nach der Ursache geforscht und diese beseitigt werden, denn das Tier leidet hierbei bereits massiv. Ganz häufig werden Stereotypien bei Katzen durch massiven Stress oder aber totale Unterforderung hervorgerufen.
Unsauberkeit
Wenn das Tier neben die Toilette pinkelt oder Kot absetzt oder aber auch plötzlich an anderen Orten Kot und Urin absetzt, spricht man von Unsauberkeit. Auch hierfür muss unbedingt der Ursache auf den Grund gegangen und müssen durch Tierarzt oder -ärztin etwaige Krankheiten, beispielsweise Blasenentzündungen oder -steine, umgehend ausgeschlossen werden. Auch sollte unterschieden werden, ob es sich bei der Unsauberkeit um ein Markierverhalten oder eine Abneigung gegen die Toilette handelt. Protestpinkeln kann oft psychische Ursachen wie Langeweile, Vernachlässigung, Rangordnungsprobleme, Veränderungen im Wohnumfeld, Trauer, Stress oder Frust haben. Hier können Tierpsychologen Abhilfe schaffen und auch dabei unterstützen, den Auslöser für das Verhalten zu finden. Auch sollte überprüft werden, ob sich im Haushalt ausreichend Toiletten für die Samtpfote befinden. Grundsätzlich gilt die Faustregel: immer eine Toilette mehr als Katzen im Haus.
Jagdverhalten auf Hände und Beine
Wenn Katzen in menschliche Hände beißen oder Füße attackieren, handelt es sich häufig um fehlgeleitetes Verhalten, das zeigt, dass die Katze nicht ausreichend geistig ausgelastet ist. Hier können Futterspielzeuge oder das Spielen mit einem Distanzspielzeug wie beispielsweise einer Katzenangel für Entlastung sorgen.
Vermehrtes Kratzen an Möbeln
Hierbei werden Möbel und Wände über das normale Maß zerkratzt. Oftmals kann ein solches Problem schnell gelöst werden, indem die Katze mehr Möglichkeiten erhält, ihre Krallen zu betätigen – beispielsweise durch sogenannte Kratzmatten, die in vielen Fachgeschäften erhältlich sind. Teilweise lassen sie sich an der Wand anbringen; es gibt sie außerdem in vielen Formen und Farben, und zudem laden sie teilweise auch zum Spielen ein. Auch hier sollte geprüft werden, ob die Katze jenes Verhalten aus Langweile zeigt.
PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden. Der Mensch wird hierbei allen anderen Spezies gegenüber als überlegen angesehen. Daneben wird auch zwischen verschiedenen Tierarten unterschieden: So werden beispielsweise Schweine, Rinder und Hühner gequält und getötet, Hunde und Katzen hingegen liebevoll umsorgt.