Abgemagert und geschlagen: Whistleblower-Meldung offenbart grobe Misshandlung von Kühen beim „Bauernhof von nebenan“ (mit Video) – PETA erstattet Strafanzeige gegen die Betreiber   

Ein Mensch schlägt eine Kuh mit einem Stock.

Anfang August erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung über abgemagerte und misshandelte Rinder im Kreis Höxter. Die beigefügten Aufnahmen von Ende Juni zeigen zwei Landwirte, die mehrfach und grob mit einem Stock auf Kühe einschlagen, um sie in den Stall zu bewegen. Laut Meldung handelt es sich um zwölf bis fünfzehn Kühe in der sogenannten Kombinationshaltung: Die Sommermonate verbringen sie auf der Weide, die langen Herbst- und Wintermonate in der Anbindehaltung im Stall. Die Weiden, auf die die Tiere geführt werden, seien allerdings bereits abgegrast. Da sie laut Meldung auch keine Zusatznahrung bekommen, seien die Kühe knochig, mit sichtbaren Rippen. Den Weg zu weiter entfernten Weiden würden die Tiere dicht gedrängt an Ketten oder Seilen hinter dem Trecker hergezogen, auf kurzen Strecken käme der Stock zum Einsatz. Zudem sei der Stall, in dem die Kühe angebunden werden, eng, verdreckt und marode. Der Fall sei den Behörden durch eine frühere Veterinäramtsanzeige bekannt. PETA erstattete am 19. August wegen der Tiermisshandlungen und der tierquälerischen Anbindehaltung bei der Staatsanwaltschaft Paderborn Strafanzeige gegen die beiden Landwirte. Außerdem appelliert die Tierrechtsorganisation an alle Menschen, vegan zu leben – auch auf dem „Bauernhof von nebenan“ leiden Tiere.

„Abgemagerte Kühe, die mit einem Stock verprügelt werden, sind nicht gerade das, was sich Verbraucherinnen und Verbraucher unter Weidehaltung beim Bauern nebenan vorstellen. Doch in Wirklichkeit ist dies der Alltag unzähliger empfindungsfähiger Tiere, die in der Landwirtschaft wie Produktionsmaschinen funktionieren müssen“, so Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin für Tiere in der Ernährungsindustrie bei PETA Deutschland. „Wer Rinder und andere empfindungsfähige Tiere davor bewahren will, muss aufhören, ihre Milch zu trinken und ihr Fleisch zu essen.“

Vernachlässigte Tiere sind keine Seltenheit

Ein Fall wie dieser ist keine Ausnahme in der ausbeuterischen Fleisch- und Milchindustrie, die Tiere als Wirtschaftsgüter sieht und bewertet. Das Tierleid in dieser Branche wird teilweise sogar von der Gesetzgebung legalisiert: In Deutschland wurden im Jahr 2023 rund 745 Millionen Tiere im Schlachthof getötet. Kälbern werden zuvor oftmals die Hörner ausgebrannt, Ferkeln die Ringelschwänze abgeschnitten und Puten die empfindlichen Schnäbel gekürzt, um sie den Haltungsbedingungen anzupassen. Auch große und robust wirkende Tiere wie Rinder leiden unter diesem gewaltvollen Umgang. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz – angefangen bei Qualzuchten bis hin zur nicht vorschriftsmäßigen Betäubung im Schlachthaus – sind sowohl in großen als auch kleinen Betrieben an der Tagesordnung. Ganz gleich ob „bio“ oder konventionelle Haltung: 100 Prozent der Tiere werden getötet oder sterben in den Betrieben, lange bevor sie ihre natürliche Lebenserwartung erreichen.

Ausstiegsprämien und behördliches Durchgreifen bei Tierhalteverboten

Die Niederlande haben mithilfe von EU-Geldern bereits mehrere hundert Millionen Euro in Ausstiegsprämien für Landwirte investiert. [1] Der massive Abbau der Tierbestände ist vor allem als Klimaschutzmaßnahme gedacht. Die Maßnahme könnte auch in Deutschland Erfolg haben und schreckliche Vorfälle wie diesen im Kreis Höxter verhindern. Außerdem muss die Regierung strukturelle Probleme bei der Verhängung von Tierhalteverboten angehen. Zum einen braucht es mehr Personal, um die nötigen Kontrollen zu gewährleisten, und ein härteres Durchgreifen, um nicht nur punktuelle Anordnungen für eine Verbesserung der Tierhaltung zu verhängen. Durch die Erfassung tierquälerischer Haltebedingungen in einer zentralen Datenbank könnten die Behörden die Fälle zudem länderübergreifend überwachen und verfolgen. [2].

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Lehmann, N. (2023, 3. Mai). Niederlande: Bis zu 1,5 Milliarden Ausstiegsprämie für Landwirte. Agrarheute. Online abrufbar unter: https://www.agrarheute.com/politik/niederlande-15-milliarden-ausstiegspraemie-fuer-landwirte-606376. (21.08.2024).
[2] Tierrechtsblog (25.06.2024): Tierhalteverbote nach dem Tierschutzgesetz – wann und wie können sie verhängt werden? Online abrufbar unter: https://www.tierrechtsblog.de/deutschland/tierhalteverbote-voraussetzungen. (21.08.2024).

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