Anbindehaltung und Vernachlässigung von Rindern – PETA erstattet Strafanzeige gegen Betrieb im Landkreis Regen

Bilder zeigen stark mit Kot verdreckte Tiere

Im September erreichten PETA zwei Whistleblower-Meldungen zu einem Betrieb im Landkreis Regen. Die Aufnahmen zeigen Rinder, welche bis zu den Knien mit Kotschlamm verdreckt sind. Offenbar sind die Tiere in zwei unterschiedlichen Gebäuden und Haltungsformen untergebracht: Einige werden am Hals angebunden und andere in Stallbuchten gehalten. Anhand der Aufnahmen ist zu erkennen, dass den Rindern keine trockenen Liegeflächen zur Verfügung stehen und sie teilweise zentimetertief in ihren eigenen Fäkalien leben müssen. Auch ein Kalb ist in Anbindehaltung zu sehen, obwohl es gemäß § 5 Tierschutz-Nutztierverordnung in seinem augenscheinlichen Alter von unter sechs Monaten nicht fixiert werden dürfte. PETA hat daher am 11. September bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf Strafanzeige gegen den Betrieb erstattet und umgehend das zuständige Veterinäramt über die Missstände informiert. Die Bedürfnisse nach Bewegung und sozialem Zusammenleben der sensiblen Tiere werden in solchen Haltungen nicht erfüllt. Die Tierrechtsorganisation fordert die Bundesregierung auf, mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes jede Form der Anbindehaltung ausdrücklich zu verbieten. Wie dieser Fall zeigt, kann jedoch auch die Haltung in Buchten oder auf Spaltenböden Leid für die Rinder verursachen.

„Wir rufen die Staatsanwaltschaft dazu auf, die Leiden der Rinder ernst zu nehmen und die quälerische Anbindehaltung zu sanktionieren“, so Lisa Bechtloff, Fachreferentin für Whistleblower-Fälle bei PETA. „Rinder dürfen nicht länger wie Objekte in Ställen festgekettet und in ihren eigenen Fäkalien gehalten werden, sondern müssen als fühlende Individuen ihr Recht auf Bewegung, körperliche Unversehrtheit und Freiheit realisieren können. Die Politik sollte zudem attraktive Beratungs- und Förderpakete anbieten, um landwirtschaftliche Betriebe beim Umstieg auf eine tierfreundliche, vegane Landwirtschaft zu unterstützen.“

Anbindehaltung erfüllt den Straftatbestand der quälerischen Tiermisshandlung

Rinder in Anbindehaltung erfahren unzumutbares körperliches und psychisches Leid. Die Tiere essen, ruhen, stehen, liegen, koten und urinieren an einem Platz im Stall und können sich dabei nicht einmal umdrehen. Die Anbindehaltung von Rindern erfüllt den Tatbestand der quälerischen Tiermisshandlung nach § 17 Nr. 2 lit. b) Tierschutzgesetz, da die Tiere hierdurch in nahezu all ihren natürlichen Verhaltensweisen und Grundbedürfnissen stark eingeschränkt werden. Dies wird auch „erzwungenes Nichtverhalten“ genannt. Der aktuelle Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zum Tierschutzgesetz enthält einen Passus, wonach ein Tier grundsätzlich „nicht angebunden gehalten werden [darf]“. Dies widerspricht jedoch nicht der Tatsache, dass die Anbindehaltung bereits jetzt den Tatbestand der quälerischen Tiermisshandlung nach § 17 Nr. 2 lit. b) TierSchG erfüllt. [1] Die dauernde Fixierung beeinträchtigt das Wohlbefinden der Rinder derart, dass erhebliche Leiden verursacht werden. Dass die dauernde Anbindehaltung in der Regel den Straftatbestand erfüllt, wird neben zahlreichen juristischen Aufsätzen auch in den Standardkommentaren zum Tierschutzgesetz von Hirt/Maisack/Moritz/Felde sowie im BeckOK StGB und v. Heintschel-Heinegg/Kudlich thematisiert. [2] Daneben bestätigen aktuelle Fachkommentare die Tierschutzwidrigkeit der Anbindehaltung– unter anderem von der Bundestierschutzbeauftragten Ariane Kari. [3]

Tierschutzwidrige Haltung kein Einzelfall

Immer wieder erreichen PETA Whistleblower-Meldungen – darunter auch viele Hinweise zu Missständen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Diese Beobachtungen zeigen deutlich, dass es dabei nicht auf die Betriebsgröße, die Haltungsform und Tieranzahl ankommt. Das Wohl des einzelnen Individuums zählt in der auf Profit ausgelegten Landwirtschaft nicht. Eine detaillierte gesetzliche Regelung zur Haltung von über sechs Monate alten Rindern fehlt noch immer. In der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung finden sich zwar konkrete Regeln für jüngere Tiere, diese beschränken sich aber auf minimale Anforderungen und haben mit einem artgerechten Leben nichts zu tun. [4]

In dem Betrieb im Kreis Regen wird auch ein Kalb angebunden gehalten, obwohl dies laut der Tierschutz-Nutztierverordnung verboten ist. / © PETA Deutschland e.V.
Die Tiere können sich nicht von der Stelle bewegen und sind mit Kot verdreckt. / © PETA Deutschland e.V.

Die Fotos können hier heruntergeladen und für die Berichterstattung verwendet werden.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Schrott, Die Nutztierhaltung und das Strafrecht, LMuR 2024, 147.
[2] Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz 4. Auflage 2023 § 17 Rn. 100b; Schrott, BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg/Kudlich, 61.Edition, Stand: 01.05.2024, TierSchG § 17, Rn. 149, 121.1.
[3] Hahn, J., Kari, A. (2021): Leiden Nutztiere unter ihren Haltungsbedingungen? – Zur Ermittlung von Leiden in Tierschutzstrafverfahren, NuR 2021, 599-607, online abrufbar unter: https://link.springer.com/article/10.1007/s10357-021-3890-7.
[4] Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V.: „Mastrinderhaltung“, Merkblatt Nr. 112 (Stand: 2007).

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