Anbindehaltung und Vernachlässigung von Rindern – PETA erstattet Strafanzeige gegen Hofbetreiber im Rhein-Lahn-Kreis

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Bilder zeigen verletzte und mit Kot verdreckte Tiere

Verheerende Lebensumstände: Eine Whistleblower-Meldung machte PETA auf eine tierquälerische Rinderhaltung im Rhein-Lahn-Kreis aufmerksam. Den Angaben der Whistleblowerin zufolge müssen die Tiere dort ganzjährig in Anbindehaltung leben. Sie sind am Hals mit Ketten fixiert, die teilweise so kurz sind, dass sie kaum ihren Kopf bewegen können. Da die Liegeflächen zu klein sind, liegen die Hinterbeine und Euter der Rinder auf Gittern und sie treten gegenseitig darauf, was zu schweren Verletzungen führt. Diese bleiben laut der Zeugin unbehandelt, genauso wie offene Liegeschwielen und Gelenkentzündungen durch zu harte Liegeflächen bei einigen Tieren. Zudem beobachtete sie Knochen- und Klauenfehlstellungen unter anderem wegen unzureichender Klauenpflege sowie Verhaltensauffälligkeiten wie das Lecken und Kauen an der Anbindevorrichtung. Der Landwirt hält zusätzlich Rinder, Kälber und Schweine in kotverdreckten und kargen Buchten. PETA hat daher am 13. November bei der Staatsanwaltschaft Koblenz Strafanzeige gegen den Betreiber erstattet. Die Bedürfnisse nach Bewegung und sozialem Zusammenleben der sensiblen Tiere werden in solchen Haltungen nicht erfüllt. Die Tierrechtsorganisation fordert die Verantwortlichen in der Politik auf, jede Form der Anbindehaltung ausdrücklich zu verbieten.

Laut Meldung arbeiten die „Schwälbchen Molkerei Jacob Berz AG“ mit Sitz in Bad Schwalbach und die „Fleischerei Lehmler“ in Welschneudorf mit dem Betrieb zusammen. PETA hat die Unternehmen am Montag auf die Missstände hingewiesen und um Stellungnahme gebeten. Während die „Fleischerei Lehmler“ mitteilte, Schweine in einem derartigen Zustand in dem Betrieb nie gesehen zu haben, wurde die Geschäftsbeziehung dennoch beendet. Die „Schwälbchen Molkerei“ teilte mit, dass sie seit einiger Zeit keine Milch des Betriebes mehr abholen, da der Betrieb die Milcherzeugung beendet habe.

„Wir appellieren an die Staatsanwaltschaft Koblenz, die Leiden der Tiere ernst zu nehmen und die quälerische Anbindehaltung zu sanktionieren“, so Lisa Kainz, Fachreferentin für Tiere in der Agrarindustrie bei PETA. „Rinder dürfen nicht länger wie Objekte in Ställen angekettet und in ihren eigenen Fäkalien gehalten werden, sondern müssen als fühlende Individuen ihr Recht auf Bewegung, körperliche Unversehrtheit und Freiheit realisieren können. Die Politik sollte zudem attraktive Förder- und Beratungspakete anbieten, um landwirtschaftliche Betriebe beim Umstieg auf eine tierfreundliche, vegane Landwirtschaft zu unterstützen.“

Anbindehaltung erfüllt den Straftatbestand der quälerischen Tiermisshandlung

Rinder in Anbindehaltung erfahren unzumutbares körperliches und psychisches Leid. Die Tiere essen, ruhen, stehen, liegen, koten und urinieren an einem Platz im Stall und können sich dabei nicht einmal umdrehen. Die Anbindehaltung von Rindern erfüllt den Tatbestand der quälerischen Tiermisshandlung nach § 17 Nr. 2 lit. b) Tierschutzgesetz, da die Tiere hierdurch in nahezu all ihren natürlichen Verhaltensweisen und Grundbedürfnissen stark eingeschränkt werden. Dies wird auch „erzwungenes Nichtverhalten“ genannt. Der aktuelle Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zum Tierschutzgesetz enthält einen Passus, wonach ein Tier grundsätzlich „nicht angebunden gehalten werden [darf]“. Dies widerspricht jedoch nicht der Tatsache, dass die Anbindehaltung bereits jetzt den Tatbestand der quälerischen Tiermisshandlung nach § 17 Nr. 2 lit. b) TierSchG erfüllt. [1] Die dauernde Fixierung beeinträchtigt das Wohlbefinden der Rinder derart, dass erhebliche Leiden verursacht werden. Dass die dauernde Anbindehaltung in der Regel den Straftatbestand erfüllt, wird neben zahlreichen juristischen Aufsätzen auch in den Standardkommentaren zum Tierschutzgesetz von Hirt/Maisack/Moritz/Felde sowie im BeckOK StGB und v. Heintschel-Heinegg/Kudlich thematisiert. [2] Daneben bestätigen aktuelle Fachkommentare die Tierschutzwidrigkeit der Anbindehaltung– unter anderem von der Bundestierschutzbeauftragten Ariane Kari. [3]

Kühe liegen auf dem Boden in Anbindehaltung.
Verformte Knöchel einer Kuh.

Diese und ein weiteres Foto können hier heruntergeladen und für die Berichterstattung verwendet werden. Videomaterial senden wir auf Anfrage gerne zu.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Schrott, Die Nutztierhaltung und das Strafrecht, LMuR 2024, 147.
[2] Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz 4. Auflage 2023 § 17 Rn. 100b; Schrott, BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg/Kudlich, 61.Edition, Stand: 01.05.2024, TierSchG § 17, Rn. 149, 121.1.
[3] Hahn, J., Kari, A. (2021): Leiden Nutztiere unter ihren Haltungsbedingungen? – Zur Ermittlung von Leiden in Tierschutzstrafverfahren, NuR 2021, 599-607, online abrufbar unter: https://link.springer.com/article/10.1007/s10357-021-3890-7.

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