Für Alpenhain festgebunden, gequält und ausgebeutet – PETA-Aufnahmen zeigen tierschutzwidrige Anbindehaltung von Rindern im oberbayerischen Landkreis Ebersberg

Kühe in Anbindehaltung

Lebensverachtend und tierschutzwidrig: Ende Juli erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung zu einer Rinderhaltung im Landkreis Ebersberg. Dort müssen die Tiere unter artwidrigen Bedingungen in Anbindehaltung leben. Die Bilder zeigen an kurzen Ketten festgebundene Rinder, die für ihre Milch ausgebeutet werden. Auf harten Betonböden fristen sie ihr Dasein am selben Platz, an dem sie essen, schlafen, ruhen und ihre Notdurft verrichten. Sie können sich weder umdrehen noch Körperpflege betreiben. In diesem Fall sind die Tiere durch zusätzliche Fußfesseln noch stärker in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Die Rinder liegen außerdem mit ihrem hinteren Körperteil auf den Kotgittern, was zu gesundheitlichen Beschwerden an Euter, Gelenken und Klauen führen kann. Der Betrieb gehört zu den Milchlieferanten von Alpenhain Käsespezialitäten GmbH, wie diese auf Anfrage von PETA bestätigte. Wegen massiver Verstöße gegen das Tierschutzgesetz erstattete PETA Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München II und hat den Betrieb beim zuständigen Veterinäramt gemeldet.

„Die Anbindehaltung – egal ob ganzjährig oder zeitweise – verursacht nachweislich akute und lang anhaltende Schmerzen, Leiden und Schäden. Somit ist sie tierschutzwidrig und illegal“, so Lisa Bechtloff, Fachreferentin bei PETA. „Wir fordern die Regierung dringend auf, die Anbindehaltung endlich in allen Formen zu verbieten, um Rechtssicherheit zu schaffen. Nur so kann das Staatsziel Tierschutz tatsächlich erreicht werden. Es wird Zeit, dass Rinder nicht länger als Objekte angesehen werden, die man wie Fahrräder in dunklen Räumen festkettet, sondern als fühlende Individuen mit Recht auf Bewegung, körperliche Unversehrtheit und Freiheit. Landwirtinnen und Landwirte müssen durch attraktive Beratungs- und Förderpakete zum Umstieg auf zukunftsorientierte, rein pflanzliche Landwirtschaftsformen bewegt werden.“

Hintergrundinformationen

Fußfesseln schränken die Bewegungsfreiheit von Rindern zusätzlich ein. Sie werden Kühen manchmal zeitweise nach der Geburt ihres Kalbes angelegt, damit sie auf den nicht tiergerechten Böden im Stall Halt finden und verletzungsfrei aufstehen können. Manche Landwirte legen diese Fessel aber auch Kühen an, die nicht gemolken werden wollen und dabei ausschlagen. Der überwiegende Anteil aller 1,1 Millionen Rinder in Deutschland in Anbindehaltung wird im sogenannten Kurzstand gehalten. Mit einer Länge von 1,40 bis 1,80 Meter wird der Standplatz den mittlerweile zuchtbedingt deutlich massigeren Tieren nicht gerecht. Als Konsequenz müssen die Tiere mit dem hinteren Körperteil auf dem Kotgitter liegen. Vor allem für sogenannte Milchkühe ist das aufgrund ihres Euters oft eine schmerzhafte Erfahrung. Außerdem können die Gitter für massive gesundheitliche Beschwerden an den Gelenken und Klauen der Kühe sorgen.

Anbindehaltung erfüllt den Straftatbestand der quälerischen Tiermisshandlung

Die Anbindehaltung von Rindern erfüllt den Tatbestand der quälerischen Tiermisshandlung nach § 17 Nr. 2 lit. b) Tierschutzgesetz, da die Tiere hierdurch in nahezu allen ihren natürlichen Verhaltensweisen und Grundbedürfnissen stark eingeschränkt werden. Dies wird auch „erzwungenes Nichtverhalten“ genannt. Der aktuelle Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zum Tierschutzgesetz enthält einen Passus, wonach ein Tier grundsätzlich „nicht angebunden gehalten werden [darf]“. Dies widerspricht jedoch nicht der Tatsache, dass die Anbindehaltung bereits jetzt den Tatbestand der quälerischen Tiermisshandlung nach § 17 Nr. 2 lit. b) TierSchG erfüllt. [1] Die dauernde Fixierung beeinträchtigt das Wohlbefinden der Rinder derart, dass erhebliche Leiden verursacht werden. Dass die dauernde Anbindehaltung in der Regel den Straftatbestand erfüllt, wird neben zahlreichen juristischen Aufsätzen auch in den Standardkommentaren zum Tierschutzgesetz von Hirt/Maisack/Moritz/Felde sowie im BeckOK StGB und v. Heintschel-Heinegg/Kudlich thematisiert. [2]#

Angebunden an kurzen Ketten fristen viele Rinder ihr Dasein in Oberbayern. / © PETA Deutschland e.V.
Fixiert im Stall essen, ruhen, stehen, liegen, koten und urinieren die Tiere an einem Platz und können sich dabei nicht einmal umdrehen. / © PETA Deutschland e.V.

Die Fotos stehen hier zum Download zur Verfügung.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Schrott, Die Nutztierhaltung und das Strafrecht, LMuR 2024, 147.
[2] Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Auflage 2023, § 17 Rn. 100b; Schrott, BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg/Kudlich, 61. Edition, Stand: 01.05.2024, TierSchG § 17, Rn. 149, 121.1.

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