Illegaler Welpenhandel in Berlin und Polen aufgedeckt – Tierkinder gerettet | PETA-Ermittlerin: „Einer meiner bisher traurigsten Fälle“

Eine dunkelhaarige Frau kniet neben einer Hundebox und hält den Kopf eines Welpen in den Händen.

Der kriminelle Handel mit Hunden blüht in Europa. In Deutschland ist Berlin aufgrund der Nähe zur polnischen Grenze besonders interessant für die Welpenmafia. Dort werden oft Tiere aus polnischen Zuchten verkauft. Begleitet von Stern TV konnte eine Ermittlerin der Tierrechtsorganisation PETA Ende September einen exemplarischen Fall aufdecken: Auf einem Markt in Polen wurde eine Familie aus Berlin dabei beobachtet, wie sie ein winziges Hundebaby für 100 Euro gekauft hat. Der Handel mit Welpen auf solchen Märkten ist verboten. Außerdem war das Tier mit fünf Wochen viel zu jung, um von seiner Mutter getrennt zu werden. Zudem wurde es ohne gültigen Ausweis, Mikrochip und Tollwutimpfung verkauft, was den Import nach Deutschland illegal macht. Die PETA-Ermittlerin und ein „Stern TV“-Fernsehteam observierten zunächst die Familie und informierten dann die Bundespolizei sowie den Zoll. Die Beamten durchsuchten das Fahrzeug der Familie und beschlagnahmten den Welpen. Der war bereits massiv dehydriert und verängstigt. Nach Angaben der Käufer sollte das Hundekind in Berlin weiterverkauft werden. Der Welpe wurde nach Eisenhüttenstadt in ein Tierheim gebracht und befindet sich derzeit noch in Tollwutquarantäne.

„Diese Aufdeckung ist einer meiner bisher traurigsten Fälle. Der kleine Welpe wäre vermutlich in Kürze gestorben, wenn wir nicht der Spur der kriminellen Käufer gefolgt wären“, so Tierpsychologin Jana Hoger, Fachreferentin für Tierische Mitbewohner bei PETA. „Wir danken den engagierten Grenzbeamten und der Bundespolizei für ihren Einsatz. Das tierquälerische Geschäft mit den Hunden muss endlich gestoppt werden. Tiere sind keine Ware. Wer einem Hund ein Zuhause geben möchte, sollte ihn niemals kaufen, sondern immer aus dem Tierschutz adoptieren.“

Ein weiterer Fall: Berlinerin bietet schutzlosen Pomeranian auf Parkplatz im Wedding an – PETA-Ermittlerin verhindert gesetzwidriges Geschäft

Kurz vor der Rettung des Welpen von dem polnischen Markt hatte die PETA-Ermittlerin bereits einen weiteren Fall von illegalem Hundehandel aufgedeckt. Auf dem Internetportal Quoka war sie auf eine Anzeige aufmerksam geworden, über die Pomeranian-Welpen für je 1.300 Euro zum Kauf angeboten wurden. Nach kurzer Kontaktaufnahme sollte die Übergabe eines Hundes in der Müllerstraße in Berlin-Wedding stattfinden. Die Händlerin erwartete die PETA-Ermittlerin auf der Straße mit dem Welpen auf dem Arm. Der verängstigte Pomeranian war kurz zuvor ohne gültige Tollwutimpfung illegal aus Bulgarien importiert worden. Begleitet von einem „Stern TV“-Fernsehteam rief die PETA-Ermittlerin nach Sicherstellung aller Beweise die Polizei hinzu. Gemeinsam mit dem zuständigen Veterinäramt beschlagnahmten die Beamten zwei weitere Welpen aus der Wohnung der Händlerin.

Welpenhandel unreguliert und illegal im Netz

Der Welpenhandel ist unter den Top drei des europäischen Schwarzmarktes. Mit einem geschätzten jährlichen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro sind illegal „produzierte“ Hundewelpen ein gewinnbringendes Geschäft für Kriminelle. [1] Auch weil laut EU-Kommission knapp 60 Prozent aller Hunde- und Katzenverkäufe mittlerweile über den Online-Markt stattfinden [2] und dort jeder wegen fehlender Regulierungen Tiere völlig anonym anbieten und verkaufen kann. Etliche PETA vorliegende Screenshots belegen, dass einige Händler die Tiere mittlerweile über soziale Netzwerke wie WhatsApp oder Viber untereinander anbieten und verkaufen. Den Auswertungen zufolge werden allein in Deutschland monatlich zwischen 17.000 bis 20.000 Welpen-Annoncen geschaltet. Onlineplattformen wie Quoka, deinetierwelt, edogs, markt.de oder snautz.de, auf denen fühlende Lebewesen wie Ware gehandelt werden können, bieten kriminellen Handelsleuten geradezu einen Anlass, immer mehr Tiere zu „produzieren“, während die Tierheime bereits überlaufen. Aber auch Tiere in „legalen“ Verkaufsstätten stammen aus der massenhaften „Welpenproduktion“. Zwei große Hundehändler in Deutschland und Belgien bezogen zum Zeitpunkt der Recherche Welpen aus zahlreichen Zuchtstätten in Osteuropa.

Mit gefälschten Heimtierausweisen illegal über die Grenze

Laut Tierschutz-Hundeverordnung dürfen Welpen in Deutschland ab der achten Lebenswoche von ihrer Mutter getrennt werden. Da sich aber vor allem besonders kleine, niedliche Hundekinder verkaufen lassen, verkaufen Hundehändler die Tiere meist schon im Alter von drei bis vier Wochen. Durch die fehlende Sozialisierung in der wichtigen Prägephase zeigen viele der Welpen später Verhaltensstörungen, die oft ein Leben lang bleiben. Da die Hundekinder in den Zuchtanlagen weder geimpft noch entwurmt werden, leiden sie häufig unter Parasiten, Wurmbefall, Entzündungen und Virusinfektionen. In vielen Fällen verlaufen infektiöse Krankheiten wie Staupe und Parvovirose tödlich. Um nach Deutschland einzureisen, brauchen die meist in Polen, Ungarn, Slowenien, Tschechien, Rumänien oder der Slowakei vermehrten Welpen neben einem EU-Heimtierausweis und Mikrochip außerdem eine Tollwutimpfung. Diese ist jedoch erst ab der vollendeten 15. Lebenswoche gültig. Kriminelle Händler umgehen dies, indem sie die Tiere oft mit gefälschten Heimtierausweisen illegal über die Grenze schleusen. Hinzu kommt der extreme Stress durch die langen Fahrtwege, bei welchen die Welpen oftmals zusammengepfercht in kleinen Boxen sitzen. Ihre Mütter verbringen meist ihr gesamtes Leben in den grauenhaften Verschlägen. Sind sie für die Züchter nicht mehr „produktiv“ genug oder zu alt, werden sie in der Regel getötet oder ausgesetzt.

Adoptieren statt kaufen

In Deutschland warten jährlich Tausende nicht mehr gewollte Tiere in Tierheimen auf ein neues Zuhause. 25 bis 30 Prozent bleiben ein Jahr oder länger dort. Viele Einrichtungen haben in den vergangenen Monaten einen Aufnahmestopp verhängt. PETA appelliert daher an alle Menschen, die Zucht nicht zu unterstützen und stattdessen ein Tier aus dem Tierheim aufzunehmen.

Zwei Hände mit Handschuhen halten einen Welpenkopf.
Eine dunkelhaarige Frau kniet neben einer Hundebox und hält den Kopf eines Welpen in den Händen.

Die Bilder können hier heruntergeladen werden.

Eine dunkelhaarige Frau hält einen Welpen auf dem Arm und schaut in die Kamera.
Eine Kamera filmt eine blaue Hundebox von oben.

Die Bilder können hier heruntergeladen werden.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Europäische Kommission (2023): Mehr Tierschutz: EU-Kommission will Reform der Transportregeln und einheitliche Tierwohl-Standards für Hunde/Katzen. Pressemitteilung vom 07.12.2023. Online abrufbar unter: https://germany.representation.ec.europa.eu/news/mehr-tierschutz-eu-kommission-will-reform-der-transportregeln-und-einheitliche-tierwohl-standards-2023-12-07_de. (10.10.2024).
[2] EU Dog and Cat Alliance (2020): Online pet advertising in the EU: the cost continues to rise. Online abrufbar unter: https://www.dogandcatwelfare.eu/media/publicationtemp/EUPAAG_Report_FINAL_low_res_4z4Y18B.pdf. (10.10.2024).

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