Kritik am Ponykarussell auf Schiersteiner Hafenfest: PETA appelliert an Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende und Verschönerungsverein, fragwürdige „Attraktion“ künftig nicht zuzulassen

Ponykarussell in Schierstein

Kritik an Ponyschinderei: Auf dem Schiersteiner Hafenfest von Freitag bis Montag ist auch in diesem Jahr ein sogenanntes Ponykarussell zugelassen. PETA kritisiert den rücksichtslosen Umgang mit den Pferden. Zum einen sind die Wirbelsäulen und Beine der Tiere nicht für stundenlanges Im-Kreis-Laufen ausgelegt. Zum anderen stellt das stundenlange monotone Im-Kreis-Laufen eine große seelische Belastung für die sensiblen Fluchttiere dar. Die Lautstärkekulisse auf solchen Veranstaltungen bedeutet für die Pferde zusätzlich immensen Stress, da sie ein viel empfindlicheres Gehör als Menschen haben. Die Tierrechtsorganisation kontaktierte daher heute Oberbürgermeister Gert-Uwe Menden und die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung sowie den Veranstalter, den Verschönerungsverein Schierstein e.V. In dem Schreiben appellierte sie an die Verantwortlichen, dem Vorbild anderer deutscher Städte zu folgen und sogenannte Ponykarussells künftig nicht mehr auf städtischem Gelände zuzulassen.

„Für ein kurzes Kindervergnügen werden die sensiblen Tiere als Rondellmaschinen missbraucht. Ponys sind fühlende Lebewesen und keine Maschinen, die man stundenlang im Kreis laufen lässt“, so Peter Höffken, Fachreferent bei PETA. „Wir hoffen, dass die Verantwortlichen in Wiesbaden den Tierschutz nicht länger ignorieren.“

Viele Städte gehen mit gutem Beispiel voran. So haben etwa Veranstaltende oder Politiker und Politikerinnen in München, Düsseldorf, Mainz, Konstanz, Duisburg, Coburg, Dachau und Zwickau beschlossen, künftig keine „Ponykarussells“ mehr auf Veranstaltungen zuzulassen. Die Bevölkerung betrachtet „Ponykarussells“ ebenfalls kritisch: Eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2015 ergab, dass rund zwei Drittel der Deutschen den Einsatz der Tiere für diese „Karussells“ als nicht tiergerecht empfinden. Nur 13 Prozent glauben, die Ansprüche der Pferde würden ausreichend erfüllt. Während 19 Prozent aller Befragten der Ansicht sind, dass das Ponyreiten auf Jahr- und Weihnachtsmärkten weiterhin zugelassen werden sollte, spricht sich eine deutliche Mehrheit von rund 59 Prozent für ein Verbot aus [1].

Experten bewerten Ponykarussells kritisch

Immer mehr Fachleute sprechen sich gegen „Ponykarussells“ aus. Amtstierärztin Dr. Sabine Beckmann vom Kreisveterinäramt Gütersloh sagte bereits 2010 in einem Interview: „Die derzeitige Praxis, die Ponys stundenlang in dieselbe Richtung trotten zu lassen, ist als absolut verhaltenswidrig einzustufen. Die Tiere leiden physisch und psychisch“ [2]. Der bekannte österreichische Tierarzt Dr. Hans Christ warnt ebenfalls vor gesundheitsschädlichen Auswirkungen: „Durch die fortgesetzte einseitige Kreisbewegung kommt es unweigerlich, ungeachtet etwaiger Erholungspausen, im Laufe der Zeit zu Schäden im Bewegungsapparat […]. Die Stereotypie des Tätigkeitsmusters und die damit verbundene Reizarmut stellt für die Tiere eine zusätzliche, psychische Belastung dar“ [3]. Auch das Positionspapier der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz ist eindeutig – insbesondere im Hinblick auf die erzieherische Wirkung sogenannter Ponykarussells: „Hervorgehoben werden muss zudem, dass den Kindern durch das stupide Im-Kreis-Laufen der Ponys ein Bild vom Pferd vermittelt wird, das aus der Sicht des ethischen Tierschutzes heute nicht mehr zeitgemäß ist“ [4].

Pferde sind sehr sensible Lauftiere, die in einer Herde leben möchten. Sie benötigen neben ausreichend Auslauf – vorzugsweise in einer Aktiv- oder Offenstallhaltung – auch gutes Futter und stets frisches Wasser, Pflege und medizinische Versorgung. Sind diese essenziellen Haltungsvoraussetzungen nicht oder nur unzureichend gegeben, fristen die Tiere ein Dasein voller Leid, das auf Dauer zu lebensgefährlichen körperlichen Beeinträchtigungen führen kann.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Ponykarussell in Schierstein
Ponys laufen im „Ponykarussell“ im Juli 2023 endlos im Kreis auf dem Schiersteiner Hafenfest in Wiesbaden. / © PETA Deutschland e.V.
Pferde laufen eng gedrängt im Ponykarussell
Schiersteiner Hafenfest: Das stundenlange monotone Im-Kreis-Laufen ist eine große seelische Belastung für die sensiblen Fluchttiere. / © PETA Deutschland e.V.

Die Bilder können hier heruntergeladen und für die Berichterstattung verwendet werden.

Quellen

[1] GfK-Umfrage „Ponykarusselle“ (2015). Online unter:  https://www.peta.de/wp-content/uploads/2020/11/GfK-Umfrage-Ponykarussel-08.2015.pdf.
[2] Osterkamp, L. (2010): Nicht immer rechts herum. Kreis will den Kirmesponys helfen. In: Neue Westfälische. Online abrufbar unter: www.nw-news.de/owl/kreis_guetersloh/guetersloh/guetersloh/?em_cnt=3982214. (23.10.2023).
[3] Österreichischer Tierschutzverein (2013): Ponykarussell: Tierarzt bestätigt Kritik des Österreichischen Tierschutzvereins. Online abrufbar unter: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20130808_OTS0145/ponykarussell-im-prater (10.07.2024).
[4] Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (2008): Beurteilung von Ponyreitbahnen unter Tierschutzgesichtspunkten. Online abrufbar unter: http://www.tierschutz-tvt.de/index.php?id=50&no_cache=1&download=TVT-MB_116_Ponyreitbahnen__2008_.pdf&did=82. (10.07.2024).

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