Stuttgart, 16. Dezember 2019 – „Mach dich eifrei“: PETA startete Anfang 2018 die gleichnamige Kampagne gegen Hersteller von Eiernudeln. Mit Protesten und Slogans wie „Nur eifrei ist leidfrei“ macht die Tierrechtsorganisation auf das Leid der Hühner in der Eierindustrie aufmerksam und appelliert an Unternehmen, nur noch tierfreundliche Produkte zu verkaufen. Auch mit Newlat, laut eigener Aussage der deutsche Marktführer für Nudeln, zu dem Marken wie Birkel und 3 Glocken gehören, suchte PETA das Gespräch – leider erfolglos. Der Tierrechtsorganisation liegt Bild- und Videomaterial von Betrieben mit tierschutzwidriger Haltung vor, aus denen das Unternehmen Eiklar beziehen soll. Newlat entschied sich schließlich für den juristischen Weg, um gegen PETAs Slogans vorzugehen: Im Juni 2018 erstattete das Unternehmen Strafanzeige gegen die Tierrechtsorganisation, im Juli 2018 reichte es dann Zivilklage auf Unterlassung und Schadensersatzfeststellung beim Landgericht Stuttgart ein. Während das Strafermittlungsverfahren bereits eingestellt wurde, wies auch das Landgericht Stuttgart die Klage im Wesentlichen ab.
„Wirtschaftlichkeit darf nicht über dem Wohl fühlender Lebewesen stehen. Produzenten, die mit Ei-Produkten ihr Geld verdienen, müssen ihrer Verantwortung im Bereich des Tierschutzes gerecht werden. Eier bedeuten für Hühner immer Leid – egal, aus welcher Haltungsform“, so Dr. Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung von PETA, der bei beiden Verhandlungsterminen als Vertreter der Tierrechtsorganisation anwesend war.
Urteilsbegründung des Landgerichts Stuttgart
Die wesentliche Urteilsbegründung des Landgerichts Stuttgart zu den PETA-Slogans über Newlat ist wie folgt: „Es handelt sich dabei nicht um eine herabsetzende Äußerung, die sich als Formalbeleidigung oder als Schmähkritik darstellt. Denn ersichtlich steht für den Beklagten nicht eine Diffamierung der Klägerin im Vordergrund, sondern eine Auseinandersetzung in der Sache, nämlich mit den aus seiner Sicht schlechten Bedingungen für Tiere im Bereich der industriellen Eierproduktion. Dabei handelt es sich um ein auch in der breiten Öffentlichkeit immer wieder diskutiertes Thema, sodass bereits eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede spricht. Insofern begegnet es vorliegend auch keinen Bedenken, dass sich der Beklagte starker und einprägsamer Formulierungen bedient, um seiner Meinung Ausdruck zu verleihen.“ (Az.: 11 0 145/18)
Hintergrundinformationen
PETA wurde Bild- und Videomaterial aus mehreren Hühnerhaltungsanlagen in Polen und den Niederlanden zugespielt. Die Recherche der Lieferketten zeigt, dass Eier aus diesen Betrieben vor allem in verarbeiteten Lebensmitteln landen, die in Deutschland verkauft werden. Dazu gehören auch Nudeln der Marken Birkel und 3 Glocken. In allen sieben Betrieben, aus denen PETA Aufnahmen vorliegen, wurden rechtswidrige Zustände dokumentiert, die mit großem Leid für die Hennen verbunden sind. Die Newlat GmbH, die die Nudelmarken Birkel und 3 Glocken vertreibt, bezieht über die Global Food Group (GFG) auch Eier aus mindestens einem solcher Betriebe.
„Versteckte Eier“, die sich in zahlreichen Produkten wie Nudeln, Keksen und anderen Fertigprodukten verbergen können, sind mit erheblichen Qualen für die sensiblen Hühner verbunden. Eine nachhaltige Lösung kann nur durch entsprechendes Verhalten der Verbraucher und verantwortungsvolles Vorgehen der Unternehmen gefunden werden. Heute gibt es unzählige Nudeln, Kekse und andere Fertigprodukte, die ohne Eier oder andere tierische Inhaltsstoffe auskommen. Es gibt gute Gründe, eifrei zu leben: Hühner sind faszinierende Tiere. Sie schließen Freundschaften, erkennen einander, lieben ihren Nachwuchs und kommunizieren bereits mit ihren Jungen, wenn diese noch im Ei sind. In Ställen der Eierindustrie fristen sogenannte Legehennen ein Elendsdasein: Eingepfercht in enge Käfige oder mit tausenden Artgenossen in einer Halle müssen sie meist inmitten ihrer eigenen Exkremente ausharren und existieren einzig zu dem Zweck, unnatürlich viele Eier zu „produzieren“. Zuchtbedingt legen Hennen in der Eierindustrie etwa zehnmal so viele Eier wie ursprünglich von der Natur vorgesehen: bis zu 300 im Jahr. Das hat dramatische Auswirkungen auf die Gesundheit der rund 40 Millionen Hennen alleine in der deutschen Eierindustrie. Nach etwa anderthalb Jahren lässt die Legeleistung nach und ihr entbehrungsreiches Leben endet brutal im Schlachthaus.
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht da, dass wir sie essen. Die Tierrechtsorganisation vertritt die Auffassung, dass jegliche Haltung von Legehennen für die Eierproduktion eine Tierquälerei darstellt. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.
Weitere Informationen:
PETA.de/Birkel-Gerichtsverhandlung
PETA.de/Birkel-3-Glocken
Pressekontakt:
Carolin von Schmude, +49 711 860591-528, [email protected]