Bei der in Sachsen ansässigen Tigerdompteurin Carmen Zander ist im Frühjahr ein Tigerjungtier geboren worden. Eine Augenzeugin wendete sich nun mit einem Foto an PETA und berichtete, dass sie Frau Zander Ende Juli mitten in Leipzig dabei beobachtet habe, wie sie das Jungtier an einer Leine ausführte und ein Wohnhaus betrat. Die Augenzeugin vermutete, dass Frau Zander das Tierkind dort in der Wohnsiedlung hält. Ein derartiger Umgang mit dem Tigerwelpen erscheint nicht nur aus Tierschutzsicht kritisch, sondern auch aufgrund des Gefahrenpotenzials verantwortungslos. Deshalb hat PETA den Vorfall den zuständigen Veterinärbehörden (Stadt Leipzig und Landkreis Nordsachsen) gemeldet und gebeten, die Haltungsbedingungen zu überprüfen und ein Tierhalteverbot zu verhängen. Die Veterinärbehörde des Landkreises Nordsachsen hat daraufhin ein Verwaltungsverfahren eingeleitet. Außerdem fordert PETA die Bundesregierung und Bundesagrarminister Cem Özdemir auf, Tigerhaltung in Zirkus und Privathand zu verbieten.
„Es ist ein absolut groteskes Bild, das Frau Zander beim ‚Gassigehen‘ mit einem angeleinten Tigerbaby vermutlich in einem Leipziger Wohngebiet zeigt. Das Tierkind wird möglicherweise durch Handaufzucht fehlgeprägt und im Zirkusbetrieb steht ihm ein absolut artwidriges Dasein bevor“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsindustrie. „Die Bundesregierung hat jahrzehntelang geschlafen und muss nun endlich handeln, damit der Missbrauch von Großkatzen und anderen Wildtieren für Zirkus und Privathaltung beendet wird und solche Bilder der Vergangenheit angehören.“
Carmen Zander bereits für Tierquälerei bekannt
Carmen Zander fiel in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen Missständen in der Tigerhaltung auf. 2013 veröffentliche PETA ein Video, das unter anderem zeigt, wie die Dompteurin mit einem Stock auf einen Tiger losgeht. Frau Zander gelang es nicht, die Tierrechtsorganisation gerichtlich dazu zu zwingen, die Szene zu entfernen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte im März 2014 fest, dass Carmen Zander „im Rahmen der Dressur (notwendigerweise) durch dominante Zwangshandlungen den von ihr dressierten Tigern ihren eigenen Willen aufzwingt“.
2019 meldete ein Whistleblower, dass die Tiger im Stammquartier in einem kleinen Zirkuswagen mehrere Tage ohne Auslauf und Nahrung eingesperrt worden seien. PETAs Strafanzeige aufgrund der mutmaßlich tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen wurde jedoch mangels hinreichenden Tatverdachts von der Staatsanwaltschaft Leipzig eingestellt. Allerdings hatte die zuständige Veterinärbehörde mit Stand 2019 festgesetzt, dass eine Nachzucht „[…] unter den derzeitigen Haltungsbedingungen nicht erlaubnisfähig“ ist. Es ist zu erwarten, dass auch das kürzlich geborene Tigerbaby ein artwidriges Dasein fristen wird – vermutlich für den Rest seines Lebens.
Missbräuchlicher Umgang mit schutzbedürftigem Jungtier
Um die Dressur zu vereinfachen, werden in Zirkusbetrieben geborene Tiger oft bereits als Babys von der Mutter getrennt und per Handaufzucht auf den Menschen fehlgeprägt. Auffällig häufig behaupten Zirkusse, die Jungtiere seien von der Mutter verstoßen worden oder sie habe zu wenig Milch gehabt. Doch selbst wenn die Tigermütter ihren Nachwuchs tatsächlich ablehnen würden, wäre dies ein deutliches Anzeichen für eine nicht tiergerechte Haltung und eine haltungsbedingte Verhaltensstörung. [1]
Deutschland Schlusslicht beim Schutz von Tieren im Zirkus
Während in den vergangenen Jahren zahlreiche europäische Länder Regelungen erlassen haben, um Auftritte von und mit Wildtieren einzuschränken, gibt es in Deutschland noch immer kein Zirkus-Wildtierverbot. Bei der anstehenden Novellierung des deutschen Tierschutzgesetzes soll derzeit lediglich verboten werden, Großkatzen, Giraffen, Elefanten, Nashörner, Flusspferde, Primaten, Großbären sowie Robben an wechselnden Orten zur Schau zu stellen. Dabei wären nach aktuellem Stand des Gesetzentwurfs aber Ausnahmen von dieser Regelung möglich.
Carmen Zander geht mitten in Leipzig mit dem Tigerjungen „Gassi“. / © PETA Deutschland e.V.
Das Foto kann hier heruntergeladen und zur Berichterstattung verwendet werden.
PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.