Vernachlässigt und verdreckt: Whistleblower-Meldung offenbart quälerische Haltung von Rindern im Landkreis Vorpommern-Greifswald

Vernächlässigte Rinder in einem verdrecktem Stall

PETA erstattet Strafanzeige gegen Hofbetreiber

Anfang September erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung zu vernachlässigten Rindern in einem Betrieb im Kreis Vorpommern-Greifswald. 40 bis 50 Tiere befänden sich dort dicht zusammengedrängt in einem Stall. Sie stünden im zentimeterhohen eigenen Kotschlamm. Es fehlten trockene Liegeflächen und generell Platz für die Rinder, um sich hinlegen oder ausreichend bewegen zu können. Die Bullen würden dort zu Mastzwecken gehalten. PETA erstattete am 11. September wegen quälerischer Tiermisshandlung bei der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg Strafanzeige gegen den Hofbetreiber. Außerdem fordert die Tierrechtsorganisation ein Tierhalteverbot.

„Kaum auszudenken, wie lange die Jungbullen schon in dieser überaus verdreckten Umgebung ausharren müssen. Vermutlich schon ihr ganzes kurzes Leben. Denn bei den jungen Rindern handelt es sich um Tierkinder“, so Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin für Tiere in der Ernährungsindustrie bei PETA Deutschland. „Es ist höchste Zeit, dass in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung eine Regelung für die Haltung von Rindern im Alter über sechs Monate verankert wird. Ganz klar ist aber auch: Wer Rinder und andere empfindungsfähige Tiere vor so einem Leben bewahren will, muss aufhören, ihre Milch zu trinken und ihr Fleisch zu essen.“

Vernachlässigte Tiere sind keine Seltenheit

Ein Fall wie dieser ist keine Ausnahme in der ausbeuterischen Fleisch- und Milchindustrie, die Tiere als Wirtschaftsgüter sieht und bewertet. Das Tierleid in dieser Branche wird teilweise sogar von der Gesetzgebung legalisiert: In Deutschland wurden im Jahr 2023 rund 745 Millionen Tiere im Schlachthof getötet. Kälbern werden zuvor oftmals die Hörner ausgebrannt, Ferkeln die Ringelschwänze abgeschnitten und Puten die empfindlichen Schnäbel gekürzt, um sie den Haltungsbedingungen anzupassen. Auch große und robust wirkende Tiere wie Rinder leiden unter diesem gewaltvollen Umgang. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz – angefangen bei Qualzuchten bis hin zur nicht vorschriftsmäßigen Betäubung im Schlachthaus – sind sowohl in großen als auch in kleinen Betrieben an der Tagesordnung. Ganz gleich ob „bio“ oder konventionelle Haltung: 100 Prozent der Tiere werden getötet oder sterben in den Betrieben, lange bevor sie ihre natürliche Lebenserwartung erreichen.

Ausstiegsprämien und behördliches Durchgreifen bei Tierhalteverboten

Die Niederlande haben mithilfe von EU-Geldern bereits mehrere Hundert Millionen Euro in Ausstiegsprämien für Landwirte investiert. [1] Der massive Abbau der Tierbestände ist vor allem als Klimaschutzmaßnahme gedacht. Die Maßnahme könnte auch in Deutschland Erfolg haben und schreckliche Vorfälle wie diesen im Landkreis Vorpommern-Greifswald verhindern. Außerdem muss die Regierung strukturelle Probleme bei der Verhängung von Tierhalteverboten angehen. Zum einen ist dringend mehr Personal erforderlich, um die nötigen Kontrollen zu gewährleisten, und zum anderen ein härteres Durchgreifen, um nicht nur punktuelle Anordnungen für eine Verbesserung der Tierhaltung zu verhängen. Durch die Erfassung tierquälerischer Haltungsbedingungen in einer zentralen Datenbank könnten die Behörden die Fälle zudem länderübergreifend überwachen und verfolgen. [2]

Vernächlässigte Rinder in einem verdrecktem Stall

Dieses und weitere Bilder können hier heruntergeladen und für die Berichterstattung verwendet werden.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Lehmann, N. (2023). Niederlande: Bis zu 1,5 Milliarden Ausstiegsprämie für Landwirte. Agrarheute. Online abrufbar unter: https://www.agrarheute.com/politik/niederlande-15-milliarden-ausstiegspraemie-fuer-landwirte-606376 (18.09.2024)
[2] Tierrechtsblog (2024): Tierhalteverbote nach dem Tierschutzgesetz – wann und wie können sie verhängt werden? Online abrufbar unter: https://www.tierrechtsblog.de/deutschland/tierhalteverbote-voraussetzungen (18.09.2024)

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