Vernachlässigte Tiere auf der Weide erkennen: PETA-Expertin gibt Tipps

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In den Sommermonaten verbringen einige Tiere – darunter Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde – die Tage auf Weiden und Wiesen. Doch nicht alle von ihnen werden ausreichend versorgt; immer wieder kommt es vor, dass sich Tiere verletzen, Hunger und Durst leiden oder ihnen kein adäquater Unterstand zur Verfügung steht. Das kann lebensbedrohlich sein – vor allem während hoher Temperaturen oder bei Starkregen. Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin für Tiere in der Ernährungsindustrie bei PETA, gibt Tipps, wie Menschen vernachlässigte Tiere erkennen und ihnen effektiv helfen können.

„Tiere, die auf Weideflächen eingezäunt sind, können sich in der Regel nicht selbst helfen. Wer bei einer Tierhaltung ein ungutes Gefühl hat, sollte seiner Beobachtung trauen und handeln“, so Lisa Kainz. „So können aufmerksame Menschen großes Leid beenden und gegebenenfalls sogar Leben retten.“

Vernachlässigte Tiere erkennen:

Hören: Auf der Weide stehende Tiere sind im Normalfall ruhig und ausgeglichen. Sie genießen den Aufenthalt im Freien genau wie Menschen. Sollte eine Herde oder einzelne Tiere lauthals und über einen längeren Zeitraum schreien, deutet das stark auf Durst und/oder Hunger hin. Nicht zu verwechseln sind die Geräusche mit den Rufen der Mutter nach ihrem Kind oder umgekehrt – so finden sich beispielsweise Schafmutter und Lamm durch lautes Blöken in einer großen Herde wieder. Auch wenn Kalb und Mutterkuh in der Milch- und Fleischindustrie kurz nach der Geburt schmerzlich getrennt werden, schreien sie oft tagelang nacheinander.

Sehen: Menschen sollten Tierherden genau beobachten. Fallen humpelnde oder anderweitig verletzte Tiere auf? Sind die Klauen oder Hufe lang oder verformt? Sind Schafe noch nicht geschoren? Sind die Tiere unterernährt, also sind beispielsweise die Rippen deutlich zu sehen? Stehen saubere und ausreichende Trinkmöglichkeiten zur Verfügung? Ist das Gras sehr kurz oder völlig vertrocknet und keine andere Möglichkeit für die Nahrungsaufnahme vorhanden?

Fühlen: Jede Person sollte dem eigenen Gefühl vertrauen. Ist eine Weide voller Matsch oder Exkremente und haben die Tiere keine Möglichkeit, sich im Trockenen hinzulegen? Die Sonne brennt und es gibt keine schattigen Plätze, um sich zurückzuziehen? Es windet stark, aber es fehlt ein zugfreier Platz? Oder sind die Tiere vor Starkregen und Überschwemmungen nicht geschützt? Ist eine Rückzugsmöglichkeit vorhanden, aber ungeeignet für die Tiere? Dann besteht Handlungsbedarf.

Effektive Hilfe für vernachlässigte Tiere auf der Weide:

Behörden einschalten: Ist der/die Tierhaltende nicht in der Nähe, können Menschen im Internet nach dem zuständigen Veterinäramt der jeweiligen Stadt suchen. Erreichen sie dieses nicht, ist die örtliche Polizei der richtige Kontakt. Wichtige Informationen sind dabei: Wo und wann wurde welcher Missstand beobachtet? Wer das Gefühl hat, dass sich die Behörden nicht ausreichend um den Fall kümmern oder der/die Tierhaltende die Auflagen nicht erfüllt, kann sich bei PETA melden.
 
Gefahr in Verzug: Liegt ein Notfall vor und ist die Gesundheit oder das Leben von Tieren akut gefährdet, ist direkt die örtliche Polizei zu kontaktieren.  
 
Missstände dokumentieren: Es ist wichtig, Fotos und Videos von den Beobachtungen zu machen. Am besten zeigen die Aufnahmen auch die umliegende Landschaft. Nur so kann der Missstand im Nachhinein bewiesen werden. Zudem können Dritte den Vorfall anhand des Materials besser beurteilen.
 
Keine Zeit verlieren: Für beispielsweise dehydrierte Tiere können wenige Stunden über Leben und Tod entscheiden. Besonders kritisch wird es, wenn die Behörden trotz akuter Notlage der Meldung nicht unverzüglich nachgehen, die Polizei nicht rechtzeitig vor Ort sein kann und auch die Tierhaltenden nicht ausfindig gemacht und erreicht werden können. In diesen alternativlosen Fällen muss hartnäckig geblieben und den Tieren gegebenenfalls persönlich geholfen werden. Dabei dürfen sich Tierfreundinnen und Tierfreunde aber nicht selbst in Gefahr bringen. Kuhmütter können beispielsweise versuchen, ihren Nachwuchs zu verteidigen.

Wichtiger Hinweis: Privatgrundstücke dürfen in ganz Deutschland nicht unbefugt betreten werden. Bei Weideland gelten von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen. In den meisten Fällen ist aber auch hier das Betreten verboten. Dennoch dürfen Menschen Tieren in akuten Notfällen helfen, wenn es keine andere Rettungsmöglichkeit gibt. Sie müssen jedoch die Polizei über die Situation vor Ort informieren, bevor sie sich Zutritt zu Privatgrundstücken oder Weideflächen verschaffen.
 
Keine Scheu: Niemand verlangt von den Beobachtenden, dass sie Sachverständige sind und die Situation vor Ort exakt beurteilen können. Deshalb gilt: Lieber einen Fall zu viel als einen zu wenig melden.

Weide schützt nicht vor Leid: Auch Tiere, die in der Landwirtschaft zeitweise Weidezugang haben, werden als Produktionsgut gesehen, oftmals artwidrig gehalten und können an Erkrankungen leiden. Auch diese Tiere werden früher oder später im Schlachthof getötet.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jährigess Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

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