Vernachlässigte Tiere auf „Lebenshof Lunetal“? PETA erstattet Strafanzeige gegen Betreiber und fordert Tierhalteverbot

Im Mai erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung, der zufolge vernachlässigte Rinder auf dem „Lebenshof Lunetal“ gesehen wurden. Mehrere Zeuginnen und Zeugen werfen dem Betreiber Jürgen Rademacher vor, die Tiere nicht ausreichend mit Nahrung, Wasser sowie medizinisch versorgt zu haben. Demnach sollen seit Januar 2023 mindestens drei Kühe mit Beinverletzungen beziehungsweise Abmagerung über einen längeren Zeitraum unversorgt geblieben sein, während sie unter Schmerzen litten. Alle drei Tiere mussten später von einer Tierärztin getötet werden. Auch weitere Rinder seien stark abgemagert und müssten teils in ihren eigenen Exkrementen leben. Einzelne Tiere hätten außerdem viel zu lange und deformierte Klauen, was nicht nur sehr schmerzhaft für die Tiere, sondern ein weiteres Zeichen von anhaltender Vernachlässigung ist. PETA hat die Zustände dem Veterinäramt Cuxhaven gemeldet und Anfang Juni bei der Staatsanwaltschaft Stade Strafanzeige gegen Jürgen Rademacher erstattet. Außerdem fordert die Tierrechtsorganisation ein Tierhalteverbot für den Betreiber.

„Es gibt zahlreiche Lebenshöfe, auf denen sich Menschen gewissenhaft um gerettete Tiere kümmern und ihnen damit die Chance auf ein möglichst artgerechtes Leben geben. Diese Höfe sind nicht nur wichtig, sie sind auch weiterhin dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen“, so Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin für Tiere in der Ernährungsindustrie bei PETA. „Doch auch auf Lebenshöfen gibt es überforderte Betreiberinnen und Betreiber, die sich teils aus falschem Stolz nicht helfen lassen und so aus einem scheinbar sicheren Zuhause für Tiere einen Ort mit großem Tierleid werden lassen.“

Betreiber zeigt keine Einsicht

Jürgen Rademacher bestreitet die Anschuldigungen, wie seine Kanzlei auf Anfrage von PETA verkündete. Die Vorwürfe seien vielmehr auf zwischenmenschliche Zwistigkeiten mit den ehemaligen Beschäftigten, als auf unrechtmäßige Zustände auf dem Hof zurückzuführen. Es würden regelmäßige tiermedizinische und veterinäramtliche Kontrollen stattfinden sowie Klauenpflege vorgenommen werden. Der ehemalige Biomilchbetrieb wurde vergangenes Jahr zu einem „Ruhesitz für Kühe“. Seitdem sollen die Tiere ohne ausgebeutet und getötet zu werden ein möglichst artgerechtes Leben führen können, wie Rademacher damals medienwirksam verkündete. Der Whistleblower-Meldung zufolge, scheint er dem Gedanken eines Lebenshofes jedoch nicht gerecht zu werden. Denn dazu zählt neben der veganen, antispeziesistischen Lebenseinstellung auch die artgerechte und medizinische Versorgung der Tiere. Überforderung, finanzielle Not oder auch persönliche Sichtweisen der Betreibenden können dazu führen, dass Tiere auch auf Lebenshöfen leiden. Die Whistleblower befürchten darüber hinaus, dass der Betreiber auf Anzeige und Tierhalteverbot mit der Ausrede reagieren wird, die Tiere dadurch in den Schlachthof oder zurück in das ausbeuterische System bringen zu müssen. Tatsächlich haben jedoch bereits mehrere frühere Ehrenamtliche, die sich aufgrund der leidvollen Bedingungen vom Hof abgewandt haben, ihre Hilfe für die vernachlässigten Tiere angeboten.

Lebenshöfe – eine zweite Chance im Leben für Tiere

Die meisten Lebenshöfe entsprechen ihrem Konzept und sind ein wichtiges und sicheres Zuhause für die Tiere. Sie nehmen meist kranke oder „wirtschaftlich nicht mehr rentable“ Tiere auf, die getötet werden sollen. Anders als im Tierheim vermittelt ein Lebenshof die Tiere nicht weiter, sondern lässt sie bis an ihr Lebensende ihren natürlichen Verhaltensweisen bestmöglich nachgehen. Außerdem werden auf Lebenshöfen keine Tiere gezüchtet. Einige Lebenshöfe werden von Tierfreundinnen und Tierfreunden gegründet, um gerettete Tiere aus anderen Betrieben aufzunehmen. Andere Betreiberinnen und Betreiber waren zuvor selbst an der landwirtschaftlichen Tierhaltung beteiligt, entschieden sich dann aber bewusst gegen die Ausbeutung von Tieren und Natur.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jährigess Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Kuh Bintje war nur noch Haut und Knochen, bevor sie getötet werden musste./ © Samara Eckardt

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