Engagement für den Tierschutz bewertet – PETA kürt die besten und schlechtesten Veterinärämter Deutschlands 2023

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Top oder Flop? Veterinärämter sind für die Überwachung und den Vollzug des Tierschutzgesetzes in Deutschland zuständig. PETA Deutschland meldet den Behörden jeden Monat zahlreiche Fälle von Tierquälerei und kontrolliert, ob und wie diese daraufhin im Sinne des Tierschutzgesetzes tätig werden. Während die Tierrechtsorganisation in vielen Fällen in Zusammenarbeit mit Amtstierärzten sehr gute Erfolge für die Tiere erzielen kann, gibt es noch immer viel zu viele Behörden, die das Tierschutzgesetz und die entsprechenden Verordnungen und Richtlinien nicht umsetzen. Ein Grundproblem: Es fehlt eine neutrale Aufsichtsbehörde, die schlecht arbeitende Amtstierärzte kontrolliert und maßregelt.

Das folgende Ranking umfasst Veterinärämter, die im Jahr 2023 aus PETAs Sicht besonders positiv oder besonders negativ aufgefallen sind. Dabei wird jeweils die ganze Behörde genannt, auch wenn einzelne Amtstierärzte oftmals positiv oder negativ hervorstachen.

„Jedes Jahr erreichen PETA etwa 4.000 Whistleblower-Meldungen über mutmaßliche Tierschutzmissstände und Tiermissbrauch. Um diese verfolgen und anzeigen zu können, stehen wir täglich in Kontakt mit vielen Veterinärbehörden“, so Lisa Bechtloff, Fachreferentin bei PETA. „Seit 2012 nehmen wir in unserem jährlichen Ranking Ämter auf, die besonders positiv oder negativ aufgefallen sind, nachdem PETA sie über einen Missstand informiert hatte. Bei den über 400 deutschen Veterinärbehörden erleben wir noch immer große Leistungsunterschiede. Zwar gelten für alle dieselben Gesetze und Verordnungen, bei der Bewertung von Tierschutzfällen gibt es jedoch einen großen Ermessensspielraum. Bei den Behörden kommt es daher auf das persönliche Engagement der Amtsveterinäre an.“

Im Folgenden sind die jeweils fünf besten und die fünf tierfeindlichsten Veterinärbehörden 2023 aufgeführt.

TOP

1. Veterinäramt Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald
Im März 2023 erreichte PETA über das Whistleblower-Formular ein grausamer Fall von illegaler Welpenzucht. Im Keller eines Privathauses in Badenweiler wurden 60 Pomeranians gehalten und vermehrt. Die teilweise kranken Tiere mussten in kleinen Käfigen in ihren eigenen Exkrementen leben, manche von ihnen, ohne jemals das Tageslicht zu sehen. Einigen der Vierbeiner wurden die Stimmbänder durchtrennt, um sie am Bellen zu hindern, damit die Nachbarn die illegale Hundezucht nicht bemerken. Den Hündinnen habe man zudem Hormone gespritzt, sodass sie zu jeder Läufigkeit geschwängert werden konnten. Die gezüchteten Welpen verkauften die Händlerin und ihre Komplizen über soziale Netzwerke – größtenteils in die Schweiz, aber auch nach Frankreich und in andere EU-Länder. Das Kreisveterinäramt Breisgau-Hochschwarzwald reagierte nach der Meldung von PETA umgehend und beschlagnahmte bei einer Hausdurchsuchung zusammen mit der Polizei alle 60 Hunde.

2. Veterinäramt Landkreis Ebersberg
Anfang Februar 2023 erreichte PETA ein anonymer Zeugenhinweis zu tierschutzwidrigen Auftritten mit Pferden im Zirkus Baldoni. Das beigefügte Videomaterial zeigt einen Ausschnitt der Vorführung in Vaterstetten-Parsdorf. Dabei stehen ein Pony und zwei Kinder auf einer Wippe. Das Pony befindet sich in der Mitte, die Kinder zu beiden Enden des Schaukelgeräts. Eines der Kinder bekommt von den Zirkusmitarbeitern den Schweif des Tieres in die Hand gedrückt, um sich daran festzuhalten. Während die Kinder mithilfe der Mitarbeiter zu schaukeln beginnen, zeigt das Pony laut der Augenzeugin deutliche Anzeichen von Stress. Außerdem habe der Zirkus bei einer Pferdeshow die tierschutzwidrige „Rollkur“ angewandt. PETA bat daher das zuständige Veterinäramt des Landkreises Ebersberg, die Situation vor Ort zu kontrollieren. Die Behörde nahm PETAs Meldung zum Anlass, eine Vorstellung des Zirkus Baldoni zu besuchen und die Pferdenummern zu beurteilen. Zwar konnte das Veterinäramt dabei keine Stressanzeichen beim Pony und auch keine „Rollkur“ bei anderen Pferden feststellen, ordnete aber Maßnahmen zum Einsatz sogenannter Hilfszügel an, die als grenzwertig beurteilt wurden.

3. Veterinäramt Landkreis Celle
Mitte April 2023 erreichte PETA ein Video aus Faßberg. Es zeigt zwei Mädchen, die in einem Kinderzimmer zwei Katzenbabys misshandeln. Eines der Mädchen zieht ein Katzenbaby wiederholt am Rückenfell hoch und schleudert es durch die Luft. Sieben Mal landet das deutlich erkennbar verängstigte Tier auf dem Bett, beim achten Mal auf dem Boden. Das andere Mädchen schüttelt das zweite Katzenbaby grob mit beiden Händen. PETA verständigte sofort das zuständige Veterinäramt. Die Tierrechtsorganisation bat die Behörde, die Katzen schnellstmöglich aus der Haltung zu nehmen und erstattete zusätzlich Strafanzeige gegen die Eltern. Das Kreisveterinäramt Celle reagierte innerhalb von zwei Tagen und veranlasste in beiden Familien Hausdurchsuchungen. Die dort misshandelten Katzen wurden aus der Haltung genommen und in Sicherheit gebracht.

4. Veterinäramt Landkreis Wesel
Anfang September 2023 erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung vom TINThof in Voerde-Spellen. Demnach fand dort am 2. September ein Power-Metal-Konzert im Kuhstall statt, während einige der Tiere dem Lärm schutzlos ausgeliefert waren. Die Veranstaltung diente dem Demeter-zertifizierten Biohof auch als Werbeaktion für die dort verkauften Produkte. PETA zeigte die tierschutzwidrige Veranstaltung beim zuständigen Kreisveterinäramt Wesel an. Die Behörde reagierte schnell und bestätigte, dass die Lärmbelästigung durch derartige Veranstaltungen nicht zumutbar und darüber hinaus vermeidbar ist. Zusätzlich untersagte das Veterinäramt laut Medienberichten dem Hof, künftig vergleichbare Veranstaltungen in Anwesenheit der Tiere auszurichten.

5. Veterinäramt Landkreis Waldeck-Frankenberg
Ende Juni 2023 erreichten PETA Bilder von einem Hund aus Burgwald, der unter katastrophalen Zuständen in einem Zwinger gehalten wurde. Auf den Aufnahmen ist der Hund zwischen leeren Flaschen, Müll und Fäkalien zu sehen. Laut der Augenzeugin hatte der Vierbeiner zudem weder ausreichend Zugang zu Wasser und Nahrung noch zu einem witterungsgeschützten Liegeplatz. PETA meldete die tierschutzwidrige Haltung beim zuständigen Kreisveterinäramt Waldeck-Frankenberg und appellierte an die Behörde, dem Hund schnellstmöglich zu helfen. Zwar wurden laut Zeugenaussagen zunächst lediglich Maßnahmen zur Verbesserung der Haltungsbedingungen angeordnet, nach einer weiteren Woche beschlagnahmte das Veterinäramt den Vierbeiner jedoch mithilfe der Polizei und brachte ihn in Sicherheit.

FLOP

1. Veterinäramt Kreis Ludwigsburg
Ende Dezember 2022 wurde PETA Videomaterial aus einem Eberdinger Schlachtbetrieb zugespielt, in dem Schafe vor der Tötung offenbar systematisch mit Elektrozangen fehlbetäubt wurden. Nachdem Arbeiter ihnen die Kehle durchschnitten, zeigten viele der Tiere noch deutliche Anzeichen von Bewusstsein und massivem Leid. Eine Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Töten, wie es sie etwa beim Schächten gibt, hatte das Unternehmen nicht. PETA meldete die schweren Missstände dem Kreisveterinäramt Ludwigsburg und erstattete bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafanzeige. Die Tierrechtsorganisation forderte eine dauerhafte Schließung des Betriebs und Tierbetreuungs- sowie Tierhalteverbote für die Verantwortlichen. Nach der Meldung von PETA wurde der Schlachtbetrieb zwar geschlossen – allerdings nur vorübergehend.

Anfang 2023 erreichte PETA dann ein weiter Fall systematischer Tiermisshandlung aus dem Kreis Ludwigsburg. Verdeckte Aufnahmen einer Recherche legten katastrophale Bedingungen in der Hühnerhaltung des Hofladens Müller in Gerlingen offen. Das Unternehmen war bereits 2015 durch ähnliche Missstände aufgefallen. Auf den Aufnahmen war zu sehen, dass sich die im Betrieb eingesperrten Hennen unter großem Leid offenbar gegenseitig verletzten und an den Körpern ihrer toten Artgenossen pickten. Auch in diesem Fall erstattete PETA bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafanzeige gegen den Landwirt und forderte das Veterinäramt auf, anhand der gut dokumentierten wiederholten Missstände ein Tierhalteverbot auszusprechen.

In beiden Fällen nutzte die Ludwigsburger Behörde ihren durch die umfangreiche Beweislage gegebenen Handlungsspielraum nach Einschätzung von PETA nicht in Gänze aus. Dabei haben Amtsveterinäre eine besondere Schutzpflicht gegenüber den Tieren in ihrem Zuständigkeitsbereich.

2. Veterinäramt Donnersbergkreis
Im Januar 2023 erfuhr PETA durch eine Whistleblower-Meldung von erschreckenden Zuständen im Tierpark Donnersberg in Rockenhausen. In dem Exoten-Privatzoo werden zahlreiche Tiere in beengten, Baracken-artigen Verschlägen gehalten, darunter verschiedene Primatenarten, Kleinkatzen, Nagetiere, Vögel und Reptilien. Einige der Tiere leiden unter Verhaltensstörungen, hinzu kommen nach Augenzeugenberichten offenbar mangelhafte Hygiene- und Temperaturbedingungen. PETA zeigte den Tierpark daher beim zuständigen Veterinäramt der Kreisverwaltung Donnersbergkreis an. In den folgenden Wochen meldeten sich weitere Augenzeugen, deren Berichte ebenfalls an die Behörde weitergegeben wurden. Trotz der Meldungen gab das Kreisveterinäramt der Tierrechtsorganisation auch auf mehrfache Nachfrage keine Rückmeldung, wie es die Haltungsbedingungen im Tierpark Donnersberg bewertet. Die Missstände im Tierpark wurden auch noch Monate später beobachtet.   

3. Veterinäramt JadeWeser
Im August 2023 erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung mit Videos, die zeigen, wie ein Mann einen Hund schwer misshandelt: Er schlägt dem Tier ins Gesicht, drückt seinen Kopf etliche Male gewaltsam auf den Boden und hebt ihn wiederholt hoch, um ihn dann durch die Wohnung zu werfen. PETA meldete den Fall dem zuständigen Veterinäramt JadeWeser und erstattete gegen den mutmaßlichen Täter Strafanzeige. Die Tierrechtsorganisation forderte das Veterinäramt auf, den Hund umgehend aus der Haltung zu nehmen und gegen den Mann ein Tierhalteverbot zu verhängen. Auf Nachfrage gab die Behörde zwar an, Anordnungen getroffen zu haben, der Hund sei aber nicht tiermedizinisch untersucht worden. Erst nachdem PETA daraufhin die Videoaufnahmen veröffentlichte, wurde das Veterinäramt JadeWeser tätig und brachte den Hund vor seinem Halter in Sicherheit.

4. Veterinäramt der Stadt Köln
Ende September 2023 erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung über einen Hund, der offenbar unter katastrophalen Bedingungen ausschließlich auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses gehalten wurde. Der Vierbeiner hatte keinen Zugang zu Wasser, die bereitgestellte Nahrung war augenscheinlich verschimmelt und die hygienischen Bedingungen mangelhaft. PETA erstattete daraufhin gegen die Halter Strafanzeige und meldete den Fall mehrfach dem zuständigen Veterinäramt der Stadt Köln. Trotz telefonischer Rückfrage gab das Veterinäramt keine Auskunft zum weiteren Vorgehen. Erst nach Veröffentlichung des Falls und einem damit einhergehenden öffentlichen Interesse kontrollierte die Behörde die Haltung. Statt den schwer vernachlässigten Vierbeiner aus der unwürdigen Haltung zu nehmen, ordnete die Behörde lediglich Maßnahmen zu ihrer Verbesserung an. Tierliebe Personen konnten die Halter schließlich überzeugen, den vernachlässigten Hund freiwillig abzugeben.

5. Veterinäramt Hochsauerlandkreis
Ende August 2023 erreichte PETA erneut Videomaterial vom Reister Markt in Eslohe. Die Aufnahmen zeigen, wie Kälber, Pferde, Ponys, Vögel und Kaninchen über Stunden großem Stress ausgesetzt werden, um sie Besuchermengen vorzuführen und zu verkaufen. Die sensiblen Tiere müssen teilweise stundenlang angebunden oder in kleinen Käfigen zusammengedrängt in der Sonne ausharren. Dabei sind sie gezwungen, mitunter angetrunkene Besucher, laute Musik und Zuchtbeurteilungen über sich ergehen zu lassen. Die während der Tierschau vorgeführten Kühe haben aufgrund von Qualzucht zudem so große Euter, dass sie kaum laufen können. PETA hat diese Missstände beim zuständigen Veterinäramt Hochsauerlandkreis angezeigt und eine tierfreie Veranstaltung gefordert. Das Veterinäramt Hochsauerlandkreis war nach eigenen Angaben zwar selbst vor Ort, habe bei einer durchgeführten Kontrolle jedoch keine tierschutzrechtlichen Verstöße feststellen können.

Zeugen von Tierquälerei sollten sich an die zuständige Veterinärbehörde ihrer Stadt oder ihres Landkreises wenden. Es ist ratsam, Beobachtungen detailliert und sachlich zusammenzufassen. Besonders hilfreich ist Bild- und Videomaterial. Empfehlung von PETA: Nach der Meldung beim Veterinäramt unbedingt so lange nachhaken, bis der Missstand beseitigt ist. Das kann ermüdend sein, ist aber oft die einzige Chance für das jeweilige Tier. Eine Übersicht mit ausführlichen Tipps, wie Zeugen gegen Tierquälerei vorgehen können, gibt es unter Tierquälerei.de.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und bestimmte Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

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