„Angorakaninchen sind eine tierschutzwidrige Qualzucht“ – PETA erstattet Strafanzeige gegen elf deutsche Züchter

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Stuttgart, 8. April 2021 – Opfer der Wollindustrie: Für Produkte aus Angorawolle werden Kaninchen mit einem besonders starken Haarwuchs gezüchtet. Weltweit werden die Tiere gewaltsam fixiert, um ihnen das Fell mit einem spitzen Metallkamm auszureißen oder abzuscheren – oft entstehen dabei blutige Schnittwunden. Obwohl Deutschland auf dem internationalen Markt für Angorawolle keine Rolle mehr spielt, werden die Kaninchen hier weiterhin als „Hobby“ gezüchtet. PETA mahnt, dass schon allein die Zucht immenses Leid für die Tiere bedeutet. Denn zuchtbedingt haben sie keinen natürlichen Fellwechsel mehr, was zu gesundheitlichen Problemen bis hin zum Tod führen kann. Wegen der Qualzucht erstattet die Tierrechtsorganisation nun Strafanzeige gegen elf Angorakaninchen-Züchter aus sieben Bundesländern.

„Angoras schlucken durch den zuchtbedingt starken Fellwuchs beim Putzen viel mehr Haare als andere Kaninchen, was durch Haarballen im Verdauungstrakt lebensbedrohlich werden kann. [1] Bei warmen Temperaturen kann es leicht zum Hitzetod kommen. Doch gleichzeitig ist die Schur für die sensiblen Tiere häufig mit Stress, Panik und schmerzhaften Schnittwunden verbunden – und all das sind nur einige mögliche Folgen. Diese Qualzucht der Wollindustrie muss strafrechtlich verfolgt und beendet werden“, so Johanna Fuoß, Fachreferentin für Bekleidung und Textil bei PETA.

Tierschutzwidrige Zucht mit gesundheitlichen Folgen

Die angezeigten „Hobbyzuchten“ befinden sich in Niedersachsen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Bremen, Baden-Württemberg und im Saarland. Um die Wolle gewinnbringend verkaufen zu können, liegt der Fokus bei der Zucht von Angorakaninchen auf einem besonders starken Fellwuchs. Viele der Tiere leiden an Augenreizungen bis hin zu Bindehautentzündungen. Fuoß erklärt: „Das Fell wird beim Jahreszeitenwechsel nicht mehr von selbst abgestoßen und muss etwa alle drei Monate gekürzt werden. Einige Kaninchen sind bis zur nächsten Schur wegen der langen Haare am Körper und im Gesicht praktisch blind, was unvorstellbaren Stress für sie bedeutet.“ Die Tiere sind enorm in ihrer Fellpflege eingeschränkt und können ihre Körpertemperatur nicht eigenständig regulieren. Zudem verfilzen die Haare leicht, was mitunter die Bewegungsfreiheit einschränken, schmerzhaft an der Haut ziehen sowie Parasitenbefall begünstigen kann.

Nach Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes liegt eine Qualzucht vor, wenn davon auszugehen ist, dass infolge „der Zucht bei der Nachzucht erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich […] sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten“. PETA wirft den Beanzeigten daher unter anderem vor, das Fell als Körperteil für den „artgemäßen Gebrauch“ untauglich zu machen – denn der natürliche Fellwechsel zu ihrem eigenen Schutz ist nicht mehr möglich. Auch das Kommentarwerk zum Tierschutzgesetz nennt Angorakaninchen als Beispiel für eine Qualzucht. [2] PETA fordert neben der strafrechtlichen Verfolgung zudem ein Tierhalteverbot für die Züchter, da sie um die zuchtbedingten Leiden und die Qualen während der Schur wissen.

Hintergrundinformationen 
Die durch die Zucht nötig gewordene Schur bedeutet für die Kaninchen enormen Stress. Um ihnen für die Wollindustrie in Ländern wie Frankreich und China das Fell ausreißen oder scheren zu können, werden die Fluchttiere gegen ihren Willen fixiert. Wenn Arbeiter den teils vor Schmerz schreienden Kaninchen das Fell büschelweise herausreißen, kann die Haut der Tiere aufreißen; auch beim Scheren kommt es häufig zu Schnittwunden. Nach einem kurzen, qualvollen „Leben“ werden sie im Schlachthof getötet. 

PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass wir sie anziehen oder sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.

[1] Tiermedizinportal (ohne Datum): Haarballen-Bildung beim Kaninchen. Online abrufbar unter: https://www.tiermedizinportal.de/tierkrankheiten/kaninchenkrankheiten/haarballen-bildung-beim-kaninchen/594659. (08.04.2021).

[2] Hirt/Maisack/Moritz (2016): TierSchG. Kommentar. 3. Auflage 2016. S.39.

Das niedliche Aussehen von Angorakaninchen täuscht über ihr Leid und den hohen Pflegeaufwand hinweg. / © PETA Deutschland e.V.
 

Diese und weitere Motive stehen hier zum Download zur Verfügung.
 

Weitere Informationen:

PETA.de/Themen/Wolle-Opfer

Pressekontakt:

Valeria Goller, +49 711 860591-521, [email protected]

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