PETA veröffentlicht zugespieltes Videomaterial und mahnt: „Tiere in Ställen brauchen empathische Fürsprecher auf Bundesebene“
Antrag auf Unterlassungsverfügung gescheitert – PETA darf Videomaterial aus Rinderstall veröffentlichen. Anfang März erhielt PETA Aufnahmen von einer anonymen Quelle aus dem Stall des Familienbetriebs von Günther Felßner, Präsident des Bayerischen und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, der kurzzeitig als Kandidat für das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers gehandelt wurde. Die Bilder zeigen eine Rindermastanlage, die unter anderem von Felßners Ehefrau geführt wird. Neben großflächig kotverdreckten Stallböden sind auch zahlreiche Rinder zu sehen, die an den Bäuchen, Beinen und Hinterteilen stark verschmutzt sind. Zur Einhaltung von Mindest-Tierschutzstandards und Tiergesundheit ist Hygiene unabdingbar. Das Material zeigt zudem verwahrlost und krank wirkende Rinder und Kälber fernab ihrer Mütter. Die Tierschutzorganisation hat die Verantwortlichen des Betriebs beim Veterinäramt des Landratsamts Nürnberger Land angezeigt. Bei einer darauf folgenden Kontrolle stellte die Behörde gering- bis mittelgradige Mängel fest. Das Veterinäramt ordnete entsprechende Maßnahmen in Bezug auf die Hygiene und die Tiergesundheit an, die fristgemäß umgesetzt wurden.
„Kälber gehören zu ihren Familien und nicht in einen kargen, kotverdreckten Stall“, so Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin bei PETA Deutschland e.V. „Eine solche Haltung zeigt eindrucksvoll, dass niemand Landwirtschaftsminister werden darf, der von der Ausbeutung von Tieren profitiert.“
Kandidatur für das Amt des künftigen Bundeslandwirtschaftsministers zurückgezogen
Nach einer friedlichen Protestaktion am Stallgelände des Betriebs hatte Felßner seine Kandidatur für das Bundeslandwirtschaftsministerium aus „Angst um Leib und Leben“ zurückgezogen. Als weitere mögliche Gründe für den Rückzug stehen nun jedoch der öffentliche Druck, PETAs Anzeige oder die Kenntnis um das belastende Bildmaterial im Raum. Günther Felßner bestreitet jedoch, dass dies die Gründe für seine Entscheidung seien. Ein Versuch Felßners, das Veröffentlichen der Bilder über das Landgericht Nürnberg-Fürth gerichtlich zu untersagen, scheiterte. An die künftigen Verantwortlichen in der Bundespolitik appelliert die Organisation weiterhin, das Amt mit einem Fürsprecher für die ausgebeuteten Tiere in der Landwirtschaft zu besetzen. Nur so kann die Behörde auch ihrer Pflicht zum Tierschutz nachkommen.
Aktuelles Videomaterial zeigt Missstände im Stall der Familie Felßner
Deutliche Verschmutzungen von Tieren aufgrund von unzureichender Stallreinigung sind als eine Übertretung des Tierschutzgesetzes zu beurteilen. Können Rinder ihrem Bedürfnis nach Körperpflege nicht nachgehen oder stehen sie über einen längeren Zeitraum hinweg und gezwungenermaßen im Dreck, belastet sie das außerordentlich. Unzureichendes Hygienemanagement birgt allgemein hin ein Risiko für die Tiere: Im schlimmsten Fall können gesundheitliche Schäden und Schmerzen die Folge sein. Verantwortliche können sich dadurch strafbar machen. Laut Angaben von Günther Felßner waren diese Mängel einem inzwischen fertig gestellten Stallumbau geschuldet. Zudem sollen nun alle Tiere die Möglichkeit haben, sich auf dem befestigten Laufhof aufzuhalten. Zudem leiden Kälber – wie in den meisten anderen Betrieben – unter der legalen Trennung von ihrer Mutter: Eine Praxis, die grausamer Weise immer noch legal ist.
Darüber hinaus zeigt das Material ein Kalb mit einer offenen Wunde am Schwanz. Einem weiteren Tier läuft die Nase. Kahle Stellen in ihrem struppigen Fell weisen auf parasitäre Erkrankungen hin. Einige der Tiere werden nun auf Haarlingsbefall behandelt, überwiegend vorsorglich. Kurz nach der Begutachtung durch das Veterinäramt befand eine Tierarztpraxis, welche die Tiere des Betriebs jahrelang betreut, dass sie sich in einem guten Allgemeinzustand befänden. Wenige Rinder seien behandlungswürdig, darunter zwei, die aus einer Bestandsauflösung stammen und seither „aufgebaut“ werden müssten.
Es ist nicht das erste Mal, dass Felßner behördlich auffällt: 2018 wurde er wegen Gewässerverunreinigung strafrechtlich verurteilt. Und nach einer veterinärbehördlichen Kontrolle 2021 musste in einem laut Felßner nun stillgelegten Stall eine tropfende Tränke repariert werden.
Vernachlässigte Tiere sind keine Seltenheit
Ein Fall wie dieser ist typisch für die ausbeuterische Fleisch- und Milchindustrie, die Tiere als Wirtschaftsgüter betrachtet. Das Tierleid in dieser Branche wird teilweise sogar in der Rechtsanwendung toleriert: In Deutschland wurden im Jahr 2023 rund 745 Millionen Tiere im Schlachthof getötet. Kälbern werden häufig die Hörner ausgebrannt, Ferkeln die Ringelschwänze abgeschnitten und Puten die Schnäbel gekürzt. Auch robust wirkende Tiere wie Rinder leiden unter diesem Umgang. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, wie beispielsweise Qualzuchten und fehlerhafte Betäubung im Schlachthof, sind an der Tagesordnung. Unabhängig von der Haltungsform sterben alle Tiere lange vor Erreichen ihrer möglichen Lebenserwartung.
Dieses und weitere Bilder können hier heruntergeladen und für die Berichterstattung verwendet werden.
Das Videomaterial steht hier zum Download zur Verfügung.
PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden. Der Mensch wird hierbei allen anderen Spezies gegenüber als überlegen angesehen. Daneben wird auch zwischen verschiedenen Tierarten unterschieden: So werden beispielsweise Schweine, Rinder und Hühner gequält und getötet, Hunde und Katzen hingegen liebevoll umsorgt.