Tortur als Kultur? „Memminger Fischertag“ ist kein immaterielles Kulturerbe. PETA kritisiert Aufnahme ins bayerische Landesverzeichnis

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Tierquälerei als Kulturerbe: Die Bayerische Staatsregierung hat Mitte März beschlossen, den „Memminger Fischertag“ in das Bayerische Landesverzeichnis für das Immaterielle Kulturerbe aufzunehmen. Bei der Veranstaltung treten jedes Jahr über tausend Teilnehmer an. Es geht darum, im kleinen Stadtbach Hunderte Forellen zu töten und den Fischer der schwersten Forelle zum König zu krönen. Die Tierrechtsorganisation PETA verurteilt die Aufnahme scharf, da solche Wettfischveranstaltungen nach ihrer Einschätzung gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Schon mehrmals hat PETA deshalb gegen die „Fischerkönige“ sowie den Vorstand des Fischertagsvereins Memmingen e. V. (als Organisierende des „Events“) Anzeigen erstattet. Die Kriterien der UNESCO zu Grunde gelegt, ist der „Memminger Fischertag“ nicht mit den Aufnahmekriterien des Verzeichnisses vereinbar. Daher hat sich PETA am 2. Mai mit einem Brief an das Bayerische Ministerium der Finanzen und für Heimat gewandt. Darin appelliert die Tierrechtsorganisation an die Verantwortlichen, die Aufnahme in das bayerische Landesverzeichnis zu revidieren.

„Tierquälerei und Kultur schließen sich gegenseitig aus. Der ‚Memminger Fischertag‘ verdient ebenso wenig wie der Stierkampf die Auszeichnung zum immateriellen Kulturerbe, sondern muss aufgrund des Tierleids und des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz in die Geschichtsbücher verbannt werden“, so Dr. Tanja Breining, Meeresbiologin und Fachreferentin für Fische und Meerestiere bei PETA. „Jedes Tier hat das Grundrecht auf ein Leben in Freiheit und Unversehrtheit, egal ob es Beine hat oder Flossen, Fell oder Schuppen. Dieses Grundrecht muss mehr wert sein als die erbarmungslose Jagd auf die schwerste Forelle in einem Stadtbach.“

Veranstaltung ist nicht konform mit dem Grundgesetz

Damit eine Kulturform immaterielles Kulturerbe werden kann, muss sie bestimmte Kriterien erfüllen. Gleich zwei davon erfüllt der „Memminger Fischertag“ nicht. Die Veranstaltung ist nicht mit dem Grundgesetz konform. Sie widerspricht dem Staatsziel Tierschutz, denn Inhalt und Ziel der Veranstaltung ist es, Tiere zu töten. Zudem ist der „Memminger Fischertag“ keine „offene, inklusive und partizipative Traditionspflege“, denn viele Menschen sind aufgrund ihres Alters, Wohnsitzes oder fehlender Vereinszugehörigkeit von der Veranstaltung ausgeschlossen, und auch Frauen durften bis vor Kurzem nicht daran teilnehmen.

Wettfischen verstößt gegen das Tierschutzgesetz

PETA verweist auf die rechtliche Grundlage, denn bei sämtlichen Preis- und Wettfischveranstaltungen handelt es sich um einen Verstoß gegen § 17 Nr. 1 TierSchG, weil die Tötung der Tiere ohne einen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes erfolgt. Der Erwerb des Fisches für Nahrungszwecke muss den alleinigen Grund für das Angeln bilden. Wird daneben auch ein sportlicher Zweck verfolgt, insbesondere der Zweck, in einem Wettbewerb Sieger und Platzierte zu ermitteln, so fehlt es an einem vernünftigen Grund, denn solche Zwecke können weder die Tötung noch die Zufügung von Schmerzen und Leiden rechtfertigen. [1] Selbst wenn also die Angelnden vorgeben, dass sie alle Tiere zum Verzehr getötet haben, werden die Fische auch (und insbesondere) zu dem Zweck getötet, um an dem Wettbewerb teilzunehmen. Insgesamt wird es ohnehin als unglaubwürdig angesehen, ein Wettfischen mit Nahrungsgewinnung zu begründen. [2]

Fische spüren Schmerz und brauchen unseren Schutz

Fische sind neugierige und fühlende Wirbeltiere. Sie haben ein komplexes Sozialleben, lernen, geben ihr Wissen weiter und beschützen ihren Nachwuchs. [3] Studien bestätigen, dass Fische Schmerzen spüren [4] und sogar addieren und subtrahieren können. [5] Oft unterschätzen Menschen andere Tierarten – besonders diejenigen, die nicht zu den Säugetieren zählen. Deren Leid wird häufig ignoriert, da sie nicht „niedlich“ sind und weder Fell noch Federn haben. [6]

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und bestimmte Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

Quellen

[1] Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Auflage 2023, § 17, Rn. 42; AG Offenburg, Urteil vom 17.03.1988, Az.: 2 Ds 257/87; ausführlich zur Tierquälerei beim Wettangeln siehe Drosse, NStZ 1990, 72 ff.
[2] Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Auflage 2023, § 17, Rn. 42.
[3] Balcombe, J. (2016): What a fish knows: The inner lives of our underwater cousins.
[4] Stellungnahme des FLI zu den Veröffentlichungen von Rose et al. (2012) sowie Arlinghaus und Cyrus (2013) (Berichterstatter: Dr. Michael Marahrens, Dr. Inga Schwarzlose), 2013.
[5] Schluessel, V.; Kreuter, N.; Gosemann, I. M.; Schmidt, E. (2022): Cichlids and stingrays can add and subtract ‚one‘ in the number space from one to five. Scientific Reports, online abrufbar unter: https://doi.org/10.1038/s41598-022-07552-2 (11.07.2023)
[6] Universität Bonn (2022): Study shows: Fish can calculate. Researchers at the University of Bonn publish an unexpected finding, online abrufbar unter: https://www.uni-bonn.de/en/news/060-2022 (11.07.2023)

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